Anfang Woche kam die Suizid-Kapsel «Sarco» in Merishausen SH erstmalig zum Einsatz. Dass der assistierte Suizid in der Schweiz stattfand, ist kein Zufall.
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Die Suizid-Kapsel Sarco im Wald bei Merishausen im Kanton Schaffhausen. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Der erstmalige Einsatz der Suizidkapsel «Sarco» fand bewusst in der Schweiz statt.
  • Der australische Sarco-Erfinder Philip Nitschke hatte sich dafür entschieden.
  • «Weil es so ein liberales Rechtssystem hat», sagt Sterbehilfeaktivist Florian Willet.
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Am Montag um 16:01 Uhr starb eine 64-jährige Amerikanerin in der Suizid-Kapsel Sarco. Der assistierte Suizid bei einer Waldhütte in Merishausen SH ist ein Novum.

Erstmalig kam der umstrittene «Tesla der Sterbehilfe» von der Organisation «The Last Resort» zum Einsatz.

Sarco erlaubt es, das eigene Leben rasch zu beenden. Ein Knopfdruck, und die Kapsel füllt sich mit Stickstoff, was innert Minuten zum Tod führt. Die Person merkt davon nichts – sie wird nach wenigen Atemzügen bewusstlos. Das Konzept wurde vom Australier Philip Nitschke erarbeitet.

Doch wieso reist eine Amerikanerin ausgerechnet in die Schweiz, um sich mit einer australischen Erfindung das Leben zu nehmen?

Sarco-Erfinder hat sich die Schweiz ausgesucht

Die Entscheidung fiel auf Wunsch des Sarco-Erfinders Philip Nitschke. Der Australier war sich sicher, dass der Einsatz der Suizidkapsel in der Schweiz legal sei.

Auch Florian Willet, Co-Präsident von «The Last Resort», bestätigte dies an einer Pressekonferenz im letzten Sommer: «Die Schweiz ist der beste Ort für den Einsatz von Sarco, weil das Land ein so liberales Rechtssystem hat.»

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Die Suizidkapsel Sarco wurde in der Schweiz erstmalig eingesetzt.
Nitschke
Der Sarco-Erfinder Philip Nitschke (rechts) hat sich bewusst für die Schweiz entschieden.
Florian Willet
«Die Schweiz ist der beste Ort für den Einsatz von Sarco, weil das Land ein so liberales Rechtssystem hat», erklärte Sterbehilfeaktivist Florian Willet an einer Pressekonferenz im letzten So

Die beiden stützen sich auf ein in die Jahre gekommenes Gutachten eines St. Galler Professors. Dieses bestätigt die Rechtmässigkeit des Einsatzes der Suizidkapsel in der Schweiz.

Denn gemäss dem schweizerischen Strafgesetz ist es legal, eine Person beim Suizid zu unterstützen – falls kein selbstsüchtiges Motiv besteht.

Für Willet sind damit die Voraussetzungen für die legale Sterbehilfe mit der Suizidkapsel erfüllt. An der Pressenkonferenz sagte der Sterbehilfeaktivist: Die Person müsse den Knopf selbst drücken, ein ungetrübtes Urteilsvermögen haben, und es liegen keine eigennützigen Motive der Sarco-Organisation vor.

Bund und Kantone wehren sich

Doch bereits bei dieser Ankündigungen machten die Staatsanwaltschaften mehrerer Kantone klar, dass die Suizidkapsel nicht rechtens sei. Auch der Kanton Schaffhausen, wo der erste Einsatz nun stattfand, drohte, ein Verfahren einzuleiten, falls Sarco auf dessen Gebiet eingesetzt werde.

Befürwortest du Sterbehilfe?

Am Montag – fast zeitgleich mit dem ersten Einsatz – äusserte sich Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider zu Sarco. Die Kapsel sei in zweierlei Hinsicht nicht rechtskonform: Die Anforderungen des Produktesicherheitsrechts seien nicht erfüllt und die Stickstoff-Verwendung sei nicht mit dem Chemikaliengesetz vereinbar.

Behörden mussten durchgreifen

Trotz der Gegenwehr durch Bund und Kantone entschieden sich Nitschke und Co. für den erstmaligen Einsatz der Suizidkapsel in der Schweiz.

Daraufhin nahm die Kantonspolizei Schaffhausen mehrere beteiligte Personen fest und eröffnete ein Strafverfahren. Am Mittwochmorgen (25. September) sassen sie laut der Schaffhauser Staatsanwaltschaft immer noch hinter Gittern. Es sind der Co-Präsident der Sterbehilfeorganisation «The Last Resort», Florian Willet, zwei Anwälte sowie ein holländischer Journalist. Dieser hatte den Einsatz der Suizidkapsel begleitet.

Merishausen
Die Suizidkapsel wurde in einem Wald in Merishausen im Kanton Schaffhausen benutzt. - Google Maps

SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi kommentiert dies folgendermassen: «Sie haben es einfach darauf ankommen lassen.» Dies lasse den Behörden keine Wahl. «Sie mussten durchgreifen und ein Strafverfahren eröffnen, um die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats zu wahren», so Bondolfi.

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Brauchst du Hilfe?

Bist du selbst depressiv oder hast du Suizidgedanken? Dann kontaktiere bitte umgehend die Dargebotene Hand (www.143.ch).

Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.

Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch

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