Dealer verkaufen MDMA als Ketamin und umgekehrt
Drogen in Pulver- und Kristallform werden regelmässig verwechselt: So vertickt ein Dealer MDMA als Ketamin, während der andere Ketamin als MDMA verkauft.

Das Wichtigste in Kürze
- Drogenzentren warnen: Aktuell wird MDMA als Ketamin verkauft – und Ketamin als MDMA.
- Kein Einzelfall: Party-Drogen in Pulver- und Kristallform werden immer wieder verwechselt.
- Solche Fehldeklarationen können tödlich enden, wenn man sich aus Versehen überdosiert.
Ob im Techno-Klub oder an der Street Parade: Die Plastiksäckchen wandern von der einen schwitzigen Hand in die andere. Der Inhalt? Vermutlich MDMA, Kokain oder Amphetamin.
Zumindest sind es diese Substanzen, die dem Drogeninformationszentrum Zürich (DIZ) in den letzten Jahren am häufigsten zum Testen vorbeigebracht wurden.
Das sogenannte «Drug-Checking» ist ein Angebot der Drogenzentren und komplett anonym und kostenlos – und lohnenswert. Denn: Immer wieder entpuppen sich illegale Drogen als unrein oder falsch deklariert. Das kann gefährlich sein und tödlich enden.
Relevante Funde aus den «Drug-Checking»-Labors macht das DIZ deshalb auch öffentlich zugänglich: «Zu allen Substanzen, die in unseren Drug-Checking-Angeboten getestet werden, die erhöhte Risiken bergen, publizieren wir auf ‹saferparty.ch› Substanzwarnungen.»
Diese «aktuellen Warnungen» gibt es nicht nur online, sondern auch an grösseren Party-Events als Warnzettel. So auch kürzlich an einem Techno-Festival im Kanton Luzern. Ganz oben auf der Liste des aufgehängten Zettels: «MDMA verkauft als Ketamin» und «Ketamin verkauft als MDMA» ... wie bitte?
Sehen fast gleich aus: MDMA und Ketamin
Diese beiden Warnungen sind korrekt: Mitte Juli warnt das DIZ vor MDMA, das als Ketamin verkauft wird. Einen guten Monat zuvor warnte die Drogeninfo Basel vor Ketamin, das als MDMA verkauft wird. Verrechnet sich hier ein Dealer mit Absicht?
Dies sei wohl kaum der Fall, meint Joël Bellmont, Co-Leiter des DIZ. Auch wenn er die Handelspreise der Party-Drogen MDMA und Ketamin nur abschätzen kann: «Aus wirtschaftlicher Sicht erscheint eine Falschdeklaration nicht lukrativ.»
Seine Drug-Checking-Klienten würden rund 50 Franken pro Gramm MDMA und 40 Franken pro Gramm Ketamin bezahlen. Den grossen Gewinn holt man mit einer absichtlichen Fehldeklaration also kaum.
«Wir nehmen an, dass die Substanzen bei der Weitergabe verwechselt werden. Gerade bei MDMA und Ketamin, die sehr ähnlich aussehen können», erklärt Bellmont.
Komplett andere Wirkung
Das Aufputschmittel MDMA und das Narkosemittel Ketamin gibt es nämlich beide auch in Pulverform. Und genau diese Drogen werden immer wieder mal verwechselt, informiert das DIZ auf «saferparty.ch».
Die Folgen solcher Verwechslungen sind im besten Fall unangenehm und im schlimmsten Fall tödlich. Überdosiert können MDMA wie auch Ketamin durch einen Herzstillstand oder Herzinfarkt zum Tod führen. Das erklärt Ksenija Slankamenac, Direktorin des Instituts für Notfallmedizin am Universitätsspital Zürich.
Wer aus Versehen MDMA anstelle von Ketamin konsumiert, soll aber wenig gefährdet sein, so Bellmont: «Geht man davon aus, Ketamin zu konsumieren und das MDMA entsprechend nasal einnimmt, besteht kaum ein Risiko, sich derart überzudosieren.»
Anders ist es, wenn man versehentlich Ketamin einnimmt. Bei der nasalen Einnahme wirkt Ketamin stärker und müsste entsprechend niedriger dosiert werden. Hier droht also eher eine Überdosis.
Bei oraler Einnahme wirkt Ketamin zwar schwächer, doch auch hier sieht das DIZ Gefahren: «Wird aufgrund der nicht MDMA-typischen Wirkung nachdosiert, kann es zu einer stark narkotisierenden Wirkung kommen.»
Ketamin-Überdosis «lebensgefährlich»
Ketamin wirkt je nach Dosierung sehr unterschiedlich. Kleinere Mengen wirken entspannend und enthemmend – ähnlich wie Alkohol.
Bei höheren Dosierungen wirkt die Umwelt plötzlich fremd und surreal. Man sieht seinen eigenen Körper von aussen oder meint, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu existieren. Das Gefühl von Raum und Zeit geht verloren.
«Eine Ketamin-Vergiftung kann Appetitlosigkeit, Nahtoderlebnissen, Horrortrips und Panikattacken hervorrufen», sagt Ärztin Slankamenac.
Sie kann gar «lebensgefährlich» sein: Der Blutdruck könne so stark ansteigen, dass es zu einem Herzinfarkt führen kann – und zum Tod.