Delfine bringen sich gegenseitig neue Jagdtechniken bei
Ein Delfin lernt nicht nur von seiner Mutter eine Beutefang-Technik. Auch von seinen anderen Artgenossen kann der Meeressäuger neue Jagdtechniken erlernen.
Das Wichtigste in Kürze
- Delfine können auch von ihren Artgenossen neue Jagdtechniken erlernen.
- Dies zeigt eine Studie der Universität Zürich.
- Somit gleicht die Verhaltensweise der Meeressäuger einem Menschenaffen.
Delfine erlernen neue Techniken zum Beutefang nicht nur von ihren Müttern sondern auch von anderen Artgenossen. Damit zeigen die Meeressäuger ähnliche kulturelle Verhaltensweisen wie Menschenaffen.
Für die Uni Zürich haben Forscher zwischen 2007 und 2018 mehr als 1000 Tümmler in der westaustralischen Shark Bay untersucht. Diese wenden teilweise aussergewöhnliche Techniken an, um an Futter zu gelangen. Eine davon ist das sogenannte «Shelling», wie die Universität Zürich am Donnerstag mitteilte.
Bei dieser Jagdtechnik nützt es den Beutetieren auch nichts, wenn sie sich im leeren Gehäuse einer Riesenschnecke verstecken. Denn die Delfine befördern das Schneckenhaus mit ihrem Schnabel an die Wasseroberfläche. Dort schütteln sie sich die Beute einfach ins Maul.
Solche Techniken werden normalerweise von den Delfinmüttern an ihre Kälber weitergegeben. Dies bezeichnet man als vertikale Übertragung. Bislang ging man davon aus, dass Delfine nur auf diese Weise neue Methoden zur Futterbeschaffung erlernen können. Dies heisst es in der Mitteilung.
«Shelling»-Technik horizontal übertragen
Das «Shelling» zum Fangen von Fischen hat sich in erster Linie innerhalb einer Generation ausgebreitet. Es wurde also horizontal übertragen und nicht zwischen zwei Generationen. Dies sagt die Studie von die Michael Krützen, Direktor des Anthropologischen Instituts der UZH.
«Unsere Ergebnisse zeigen, dass Delfine auch fähig sind, als erwachsene Tiere direkt von ihren Artgenossen zu lernen. Und nicht nur von ihren Müttern». So wird Krützen in der Mitteilung zitiert. Das habe die Analyse von Verhaltens-, genetischen und Umweltdaten ergeben.
Diese Erkenntnis sei ein wichtiger Meilenstein. Es zeige, dass das kulturelle Verhalten von Delfinen und anderen Zahnwalen jenem von Menschenaffen sehr ähnlich sei. Viel ähnlicher als man bisher dachte. Von Gorillas und Schimpansen weiss man, dass sie neue Verhaltensweisen zur Futtersuche sowohl vertikal als auch horizontal erlernen.
Delfine ähneln Menschenaffen
Bei den Zahnwalen als auch bei den Menschenaffen handelt es sich um langlebige Säugetiere mit grossen Gehirnen. Diese verfügen über zahlreiche Fähigkeiten zur Innovation und zur Weitergabe von kulturellen Verhaltensweisen.
Die Ergebnisse erweitern auch das Verständnis dafür, wie sich die Tiere an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Wenn sie in der Lage sind, von anderen Artgenossen zu lernen, ermöglicht dies eine raschere Verbreitung neuer Verhaltensweisen.
Das «Shelling» steht möglicherweise im Zusammenhang mit einer Hitzewelle Anfang 2011. Damals verendete eine grosse Zahl von Fischen und wirbellosen Tieren in der Shark Bay. Dieser Beuteschwund könnte die Delfine dazu veranlasst haben, neues Verhalten zur Nahrungssuche von ihren Gefährten zu übernehmen. Ausserdem hatten die Delfine durch den Überfluss leerer Riesenschneckenhäuser mehr Übungsmöglichkeiten, wie die UZH schreibt.