Der Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg geht gut voran

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Bern,

Der Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg im Kanton Bern ist auf gutem Weg. Vor fünf Jahren, am 20. Dezember 2019, nahm die BKW das Atomkraftwerk vom Netz.

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Das traditionelle Energiegeschäft stand im Zeichen des Ende 2019 abgeschalteten Kernkraftwerks Mühleberg.. (Archivbild) - sda - Keystone/Christian Beutler

«Auch wenn ich es von mir nicht erwartet hätte, man wird doch emotional, wenn abgeschaltet wird», erinnert sich Stefan Klute, Leiter Nuklear der BKW Energie AG und Standortchef von Mühleberg, an den Abschalttag zurück. Die Schweiz konnte damals live im Fernsehen mitverfolgen, wie das Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) vom Netz ging und welche Reaktionen die Belegschaft zeigte. Ein Besuch der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort zeigt den aktuellen Stand der Abbauarbeiten.

Die Armatur mit dem Abschaltknopf ist abgedeckt und wird in naher Zukunft im Landesmuseum in Zürich ausgestellt. Viel Betrieb herrscht nicht mehr im Kommandoraum. Viele Anzeigen und Lichter sind abgedeckt und ausser Betrieb. Es gibt viele Arbeitsplätze für die drei beim Besuch im Dienst stehenden Mitarbeiter.

Knapp über 300 Mitarbeitende arbeiten noch am Standort Mühleberg und sind für den Abbau verantwortlich. Rund zwei Drittel davon, arbeiteten auch schon für das KKM, als dieses noch in Betrieb war. Das Kernkraftwerk Mühleberg wurde 1972 in Betrieb genommen und versorgte die Schweiz 47 Jahre lang mit Strom.

Fünf Jahre nach dem Start des Rückbaus konnten 6500 Tonnen von etwas mehr als 20'000 Tonnen abgebaut werden. Davon sind etwa 11'000 Tonnen Einrichtungen wie Metalle. Der Rest sind Beton und Material auf dem Areal. «Da sind wir gut unterwegs. Wir haben bislang alle unsere Ziele erreicht», so Klute. Lediglich beim Abbau der Kerneinbauten komme es zu Verzögerungen. Von den aktuell laufenden 97 Projekten sind ungefähr fünf Prozent nicht im Soll, so die Aussage des Abbauchefs.

Kondensator soll bis Ende Jahres leergeräumt werden

Zuletzt konnte die Demontage der Steuerstäbe des Reaktors durch ein schwedisches Spezialunternehmen abgeschlossen werden. Die Steuerstäbe dienen der Regelung und Abschaltung eines Kernreaktors. Sie wurden im Wasser zerlegt, da sie während des Betriebes stark aktiviert worden waren. Das Wasser dient der Abschirmung der Radioaktivität.

Der nächste Meilenstein des Abbaus bestehe darin, das Brennelementlagerbecken, in welchem sich die Brennelemente und Steuerstäbe befanden, zu entleeren, sagte Klute. Das Becken ist zwölf Meter tief und verfügt über ein Volumen von 850'000 Litern.

Bis Ende des Jahres soll auch der Kondensator leergeräumt werden. Im Kondensator wird der Dampf, der durch die Turbine geht – wo der Strom erzeugt wird -, abgekühlt und dadurch wieder in einen flüssigen Aggregatzustand umgewandelt. Dafür wird Kühlwasser aus der Aare verwendet.

Gemäss BKW-Zeitplan wird das Areal ab 2034 für eine mögliche Nachnutzung freigegeben. Bereits Ende 2030 soll das Areal frei von radioaktivem Material sein. Der Rückbau des Atomkraftwerks ist ein aufwendiger Prozess. Jede einzelne Schraube muss demontiert, gereinigt und gemessen werden, bevor sie das KKM verlassen darf.

Unterschieden wird beim Abbau zwischen aktiviertem Material und kontaminiertem Material. Bei aktiviertem Material handelt es sich um Material, das durch Bestrahlung mit Neutronen radioaktiv wurde. Das aktivierte Material muss als radioaktiver Abfall entsorgt werden.

So wurde es auch bei den Steuerstäben gemacht. Nach der Bearbeitung unter Wasser wurden sie in Fässer mit dicker Metallabschirmung gesteckt. Die Fässer wurden zementiert und ins Zwischenlager nach Würenlingen im Aargau gebracht.

Betriebliche Abfälle: Zwischenlager mit 4000 Fässern

Die BKW verfügte auch am Standort Mühleberg über ein Zwischenlager mit 4000 Fässern, die mit betrieblichen Abfällen gefüllt waren. 2018 fing die BKW an, dieses Lager zu leeren, in diesem Jahr wurde sie damit fertig.

Kontaminiertes Material auf der anderen Seite ist dagegen nicht selbst radioaktiv, sondern mit sogenannten Radionukliden verunreinigt. Die Verunreinigungen stammen aus dem Kontakt des Materials mit Flüssigkeiten oder Gasen, die radioaktive Partikel enthielten. Da sie nur die Oberfläche betreffen, können sie entfernt werden. Die entfernten Verunreinigungen werden als radioaktiver Abfall entsorgt.

Das im Kernkraftwerk Mühleberg abgebaute Material – egal ob Edelstahl, Aluminium oder Kabel – geht nach der Demontage zunächst in die Materialbehandlung. Nachdem die Stücke zerkleinert worden sind, gehen sie in die entsprechende Bearbeitungseinrichtung, um sie von ihrer radioaktiven Aktivierung zu lösen.

In der Nassdekontamination bearbeitet ein Mitarbeiter in einem gelben Vollschutzanzug die Teile mit einem Hochdruckreiniger, der über eine Kraft von 3000 Bar verfügt. Bei einem Auto würde der Reiniger Lack und Reifen zerstören. Alternativ werden die Teile in der Trockendekontaminationsanlage auch mit Stahlkies bearbeitet.

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