Deutschland kritisiert Schweizer Asylpolitik in Buchs SG
In Buchs SG lassen Schweizer Behörden Zehntausende Migranten weiterreisen. Das löst nun in Deutschland heftige Kritik aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Zehntausende Migranten reisen durch den Grenzort Buchs SG.
- Das Ziel der Flüchtlinge ist meist Deutschland oder Frankreich.
- Deutschland kritisiert nun, dass die Schweiz dabei ein «reines Durchwinken» betreibe.
Pro Woche erreichen rund tausend Flüchtlinge die Schweizer Grenze in Buchs (SG). Darunter sind meist junge Afghanen, die kein Asylgesuch stellen, sondern nach Frankreich oder Deutschland weiterziehen wollen.
«Wir erlauben formell die Weiterreise», zitiert die «NZZ am Sonntag» die Kantonspolizei St. Gallen. Die Praxis führt nun zu scharfer Kritik aus Deutschland: «Wenn diese Berichte zutreffen, betreibt die Schweiz ein reines Durchwinken.» So wird Andrea Lindholz, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, in der Zeitung zitiert.
Gemäss ihr würde die Schweiz damit illegale Einreisen nach Deutschland ermöglichen. Diese seien in Deutschland zu einem zunehmenden Problem geworden.
Schweiz weist Kritik aus Deutschland von sich
«Nationale Egoismen schaden dem Schengenraum.» Das sei ein Verstoss gegen das Dublin-Abkommen, sagte auch ein Sprecher des Deutschen Bundesamts für Migration: «Die Rechtslage ist eindeutig.» Lindholz fordert eine Intervention beim Bundesrat, weil immer mehr Migranten über die Schweiz nach Deutschland reisten. «Die Schweiz muss ihre Pflichten als Mitglied des Schengenraumes erfüllen und gegen illegale Migration vorgehen.»
Das Staatssekretariat für Migration kontert die Kritik aus Deutschland. Weder das Dublin-Abkommen noch andere Gesetze würden gebrochen. Es gebe keine Rechtsgrundlage, diese Menschen festzuhalten, sagt Sprecher Daniel Bach der Zeitung. «Für Personen, die nicht mehr anwesend sind, kann kein Dublin-Verfahren durchgeführt werden.»
Ausserdem funktioniere kaum eine Rückführung nach Österreich ohne Dublin-Verfahren. Das Rückübernahmeabkommen mit Österreich habe sehr lange Fristen. Die Personen wären also schon lange nicht mehr im Land, wenn ein solches Verfahren zustande käme. Auch gemäss Alberto Achermann, Professor für Migrationsrecht an der Universität Bern, verletze die Schweiz nicht das Dublin-Abkommen.
Rolle der SBB in einem «enorm heiklen Bereich»
Nicht nur die Grenzbehörden, auch die SBB steht in der Kritik, illegale Durchreisen durch die Schweiz zu fördern. Laut Achermann befinde sich die SBB «in einem enorm heiklen Bereich». Für ihn betreibe sie schon fast Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt.
Auch die SBB bestreitet den Vorwurf. Wenn die Gruppen ein gültiges Ticket vorweisen können, gelte die Transportpflicht. Anderer Meinung ist Deutschland: «Ein Bahnticket legalisiert doch nicht die Einreise. Da müssen die Behörden einschreiten», so Lindholz.