Diese gefährlichen Sekten gibt es in der Schweiz
Schwere Vorwürfe gegen Ex-Chocolatier Jürg Läderach: Eine SRF-Doku wirft ihm vor, in seiner freikirchlichen Schule Prügelstrafen verhängt zu haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ex-Patron der Schoggi-Firma Läderach soll an seiner Schule Kinder geschlagen haben.
- Läderachs Freikirche hatte Merkmale einer Sekte, finden Experten.
- Noch heute gibt es in der Schweiz mindestens 250 Sekten.
«Meine Strafe war: Ich musste zuschauen, wie meine Kollegen geschlagen wurden.» Oder: «Man musste sich übers Bett bücken, die Hosen runter und dann hat es einfach Schläge gegeben.»
Das sagen Menschen, die in der Freikirche von Ex-Chocolatier Jürg Läderach aufgewachsen sind. Eine SRF-Doku wirft ihm vor, in seiner kirchlichen Privatschule Prügelstrafen angeordnet und selbst ausgeführt zu haben.
Experten erkennen in der früheren Läderach-Kirche Merkmale einer Sekte: SRF-Theologin Judith Wipfler spricht von einer «Gruppe, die sich abgekapselt hat und starken Führungspersonen folgte.» Auch der gezeigte Machtmissbrauch spreche dafür.
250 Sekten in der Schweiz
Kein Randphänomen – Sekten gibt es in der Schweiz nach wie vor viele. Georg Otto Schmid von der Informationsstelle Relinfo spricht gegenüber Nau.ch von «mindestens 250». Vermutlich seien es aber mehrere hundert.
«Die insgesamt übelsten Erfahrungsberichte stammen aus der Gemeinschaft Children of God», sagt der Experte. Der Gründer der Sekte rief Mitglieder dazu auf, Kinder zu vergewaltigen.
Wie gefährlich die einzelnen Sekten seien, hänge aber von der jeweiligen Situation der Mitglieder ab. Ein Beispiel: die Zeugen Jehovas.
«Sie werden unter den sogenannten Sekten im Allgemeinen eher zu den harmloseren gezählt», erklärt Schmid. «Dies ändert sich aber zum Zeitpunkt, wo ein Mitglied dringend eine Bluttransfusion bräuchte: Bluttransfusionen werden von den Zeugen Jehovas abgelehnt.» Dann kann eine Mitgliedschaft tödlich enden.
Läderach-Freikirche vor allem für Familien problematisch
Ähnlich sei es auch bei der Freikirche Kwa-Sizabantu-Mission, zu der Läderachs Schule Domino Servite gehörte. «Wer als ältere Person zu Kwa Sizabantu stiess, bekam in aller Regel keine Probleme.»
Anders sah das aus bei Kindern und ihren Eltern: «Wegen der Pflicht zur körperlichen Züchtigung und bei Jugendlichen wegen der Eheanbahnung.» Auch an Läderachs Freikirche sollen Ehen arrangiert worden sein.
Auch Erwachsene können betroffen sein – etwa bei tantrischen Organisationen. Hier höre man immer wieder, dass Teilnehmende zu Sex mit Personen gedrängt werden, mit denen sie das nicht wünschen.
Sekten halten Kinder-Züchtigung für notwendig
Schmid zufolge wird Gewalt heute von allen in der Schweiz tätigen Sekten abgelehnt. Aber: «Manche verstehen die körperliche Züchtigung von Kindern nicht als Gewalt. Sondern als Notwendigkeit für ein gelingendes Leben der Kinder.»
Sektenführer Ivo Sasek habe es so formuliert: «Wirkliche Folter an den Kindern ist, wenn wir sie nicht mit der Rute schlagen.» Die Zahl der Gemeinschaften, die körperliche Züchtigung lehrt, nimmt laut Schmid aber ab.
Läderach und seine Frau weisen die Vorwürfe zurück: «Missbrauch, Gewalt und Diskriminierung in jeder Form sind mit unserem christlichen Glauben nicht vereinbar», heisst es in einer Erklärung.