Drogendealer machen jetzt im Netz auf seriös
Auf Instagram werden Drogen wie Cannabis beworben – Verkäufer inszenieren sich als seriös. Es bleibt illegal.
Das Wichtigste in Kürze
- Cannabis lässt sich auf Social Media mit nur einem Klick bestellen.
- Der Käufer begeht unter Umständen keine Straftat.
- Der Anbieter macht sich hingegen strafbar und schadet dem Image von SBB und Co.
Nau.ch-Leser Nick C.* scrollt auf Instagram, als ihn eine unerwartete Nachricht erreicht. Den Absender kennt er nicht.
Der Inhalt der Nachricht weckt aber seine Neugier: «Hoi! Wusstest du, dass seit über einem Jahr in der Schweiz Unternehmen auf höchstem Standard medizinisches Cannabis legal produzieren?»
Wenn er legalen Zugang zu «Premium-Qualität zu unschlagbaren Preisen» wolle, solle er nicht zögern. Die Rede ist von «höchstem Standard». «Kontaktiere uns noch heute!», heisst es, gefolgt von einem Link, der zu einem Telegram-Account führt.
Geht seine Bestellung bis 17 Uhr ein, darf er das Päckchen bereits am nächsten Morgen in seinem Briefkasten erwarten. Bezahlen könne er mit Kryptowährungen, «erhältlich am Kiosk oder am SBB-Automaten».
«Ich glaubte, ich spinne!», sagt der Berner zu Nau.ch. «Da wurden etliche Cannabis-Sorten angeboten, das sah wirklich professionell aus!»
Die Frage, die ihn beschäftigt: Ist dieses Angebot wirklich legal?
Heroin, Kokain und Crystal Meth mit nur einem Klick
Die Interessensgemeinschaft Hanf gibt auf Anfrage von Nau.ch eine eindeutige Antwort: «Die Bewerbung als legales Cannabis ohne Angaben zum Wirkstoffgehalt und Kryptowährungen als Zahlungsmittel deuten auf ein unseriöses Angebot hin.» Auch die Preise entsprechen dem Schwarzmarkt.
Laut Lukas Good, Rechtsanwalt und Studienleiter Pilotversuche Cannabis, nutzen Kriminelle zunehmend Online-Plattformen wie Telegram.
Nicht nur um Cannabis, sondern auch härtere Drogen zu verkaufen: Kokain, Heroin und Crystal Meth: «Satte 20 Prozent des Schwarzmarkts läuft heute über den Online-Handel ab», so Good.
Also ganz klar illegal: Selbst wenn Verkäufer über eine Bewilligung für medizinisches Cannabis verfügen, machen sie sich strafbar.
Den Kantonspolizeien Zürich und Bern ist diese Verkaufsstrategie bekannt. «Wir führen hier aber keine spezifische Statistik», heisst es auf Anfrage von Nau.ch.
Käufer drohen bei kleinen Mengen keine Konsequenzen
Doch wie steht es um die rechtliche Lage des Konsumenten? Eine überraschende Antwort liefert der auf Cannabis-Fragen spezialisierte Anwalt: «Für Konsumenten, die bis zu zehn Gramm Cannabis zum Eigenkonsum kaufen, gibt es laut Bundesgericht keine strafrechtlichen Konsequenzen.»
Selbst die Polizei dürfe das Cannabis nicht beschlagnahmen, wenn es für den Eigenkonsum bestimmt ist, ergänzt die Interessensgemeinschaft Hanf.
Handelt es sich um mehr als zehn Gramm, könne der Erwerb solcher Produkte als Verstoss gegen das Betäubungsmittel geahndet werden. Vorbereitungshandlungen für den eigenen Konsum würden mit Bussen bestraft.
Dealer wollen mit «Hoi» Vertrauen schaffen
Besonders alarmierend sei laut der Interessensgemeinschaft Hanf, dass Kriminelle zunehmend professionell vorgehen.
Begrüssungen wie «Hoi», Anweisungen zu Zahlungsmethoden, die an SBB-Automaten oder Kiosken erhältlich sind: Das solle Vertrauen bei den potenziellen Käufern schaffen.
Die Interessensgemeinschaft erklärt weiter: «Die Organisationen hinter solchen Modellen versuchen gezielt, Vertrauen zu schaffen.» Lokale Marken-Namen in die Kommunikation einbeziehen, sei hier typisch.
*Name geändert