Einheimische finden in Pontresina GR keine Wohnung mehr

Rahel Sutter
Rahel Sutter

Engadin,

Viele Einheimische kehren Pontresina GR den Rücken – weil der Ort beliebt für Ferienwohnungen ist, finden sie kaum bezahlbare Bleiben. Eine Steuer soll helfen.

Pontresina Dorf
Einwohner von Pontresina GR finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum und ziehen vom Dorf weg. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Ferienwohnungssteuer soll in Pontresina GR gegen die Wohnungsknappheit helfen.
  • In dem Bergdorf sind 65 Prozent der Wohnungen Zweitwohnungen.
  • Für die Einheimischen macht es das schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Das malerische Dorf Pontresina GR ist bekannt für seine atemberaubende Lage und das historische Grand-Hotel. Doch hinter der idyllischen Kulisse verbirgt sich eine weniger romantische Realität: Die Einwohnerinnen und Einwohner finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum – viele ziehen deshalb weg.

Gemeindepräsidentin Nora Saratz Cazin sagt gegenüber der NZZ: «Melden sich Leute bei der Einwohnerkontrolle ab, hören wir oft, dass in Pontresina keine Wohnung zu finden war.»

Kein Wunder: In dem 2000-Seelen-Dorf sind 65 Prozent der Wohnungen Zweitwohnungen. Das entspricht zwar den Bedingungen des Bundesgesetzes über Zweitwohnungen von 2016. Besteht eine Gemeinde aus mehr als 20 Prozent Ferienappartements, sind grundsätzlich keine neuen Zweitwohnungen mehr zugelassen.

Aber: Laut dem Gesetz dürfen Liegenschaften frei genutzt werden, die vor 2012 bewilligt wurden. In der Folge wandeln viele Besitzerinnen und Besitzer Liegenschaften zu Zweitwohnungen um, die älter sind.

«Lösung tut not»

«Eine Lösung tut not», betont Saratz Cazin angesichts der rasant verschlechternden Situation auf dem Erstwohnungsmarkt. Der Gemeinderat plant daher, eine Lenkungsabgabe auf Zweitwohnungen einzuführen: Drei Promille des amtlich geschätzten Verkehrswerts einer Ferienunterkunft pro Jahr sollen so erhoben werden.

Ziel ist es, den Markt für Erstwohnungen wieder attraktiver zu machen und die Abwanderung aus Pontresina zu stoppen. Im Nachbardorf Silvaplana wurde ein ähnlicher Vorschlag 2016 bereits abgelehnt.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt der geplanten Steuer könnte sein, dass Zweitwohnungsbesitzer ihre Appartements häufiger an Gäste vermieten. Dies könnte die Zahl der warmen Betten in Pontresina erhöhen.

Wird eine Zweitwohnung 150 Tage oder mehr von Touristen belegt, wird die Steuer nicht erhoben. Bei einem kürzeren Aufenthalt wird die Steuer proportional zu der Anzahl der Logiernächte berechnet.

Besitzen Sie eine Zweitwohnung?

Es gibt jedoch auch Widerstand. Der Hauseigentümerverband Oberengadin ist gemäss NZZ gegen zusätzliche finanzielle Belastungen für Zweitwohnungsbesitzer. Die Befürchtung: Weniger Feriengäste könnten weniger Konsum bedeuten und damit auch weniger Aufträge für lokale Handwerker.

Trotzdem hält Pontresina an seinen Plänen fest. Silvaplana hingegen hat einen anderen Weg eingeschlagen: Eine grosse Überbauung mit einem 200-Betten-Hotel und 50 Wohnungen für Einheimische ist geplant. Das Projekt hat von den Stimmberechtigten bereits die Zustimmung erhalten.

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Kommentare

User #5507 (nicht angemeldet)

Tja, Augenwischerei! die grün-liberale Präsidentin von Pontresina stammt aus einer Familie, die am meisten Zweitwohnungen und Land dazu verkauft hat. Jetzt wo man sich gesundgestossen hat, legt man anderen Steine in den Weg. Typisch grün...

User #4074 (nicht angemeldet)

Die Steuer wird kommen, wie das Amen in der Kirche. Alle Berggemeinden die noch legal Ferienwohnung und -chalets bauen können, verdienen sich dumm und dämlich. Sind nicht auf die Zweitwohnungssteuer angewiesen. Dürfen sie nicht mehr bauen, führen sie zuerst eine massiv erhöhte Pauschalkurtaxe ein und wenn auch das nicht mehr reicht, die Zweitwohnungssteuer. Das hat weder einen Einfluss auf die Abwanderung noch die Preise für Erstwohnungen. Einheimische können in der Regel viel günstiger bauen, als Zweiteinheimische. Vor allem Ausländer können sich das leisten, viele Schweizer/Innen nicht.

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