Einreiseverbot für mutmasslich radikalisierten Franzosen aufgehoben
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein vom Fedpol verfügtes Einreiseverbot für einen Franzosen aufgehoben, weil das Akteneinsichtsrecht verletzt wurde.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Einreiseverbot für einen Franzosen aufgehoben.
- Dies, weil das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen verletzt wurde.
- Zudem erachtet das Gericht die Grundlagen für das Verbot als unzureichend.
Das Bundesverwaltungsgericht hat ein vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) verfügtes Einreiseverbot für einen Franzosen aufgehoben, weil das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen verletzt wurde. Zudem erachtet das Gericht die Grundlagen für das Verbot als unzureichend.
Der aus Frankreich stammende 36-jährige Mann arbeitete ab April 2012 als Grenzgänger in der Genfer Moschee Petit-Saconnex. 2017 wurde ihm seine Stelle bei der Moschee gekündigt. Seine Frau und die gemeinsamen Kinder – alle Schweizer Staatsangehörige – lebten mit ihm in Frankreich.
Franzose habe sich radikalisiert
2013 und 2016 wurde der Mann wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu einer bedingten Geldstrafe beziehungsweise zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Im August 2017 unterrichtete das Genfer Bevölkerungs- und Migrationsamt den Franzosen darüber, dass es seine Grenzgängerbewilligung nicht verlängern werde.
Das Amt begründete seinen Entscheid mit der strafrechtlichen Verurteilung und einem Hinweis des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB). Dieser besagt, dass sich der Franzose während eines Gefängnisaufenthaltes von 2005 bis 2007 in Frankreich radikalisiert habe und damit eine Bedrohung für die innere Sicherheit der Schweiz darstelle. Im Januar 2018 verfügte schliesslich das Fedpol ein fünfjähriges Einreiseverbot für den 36-Jährigen.
Exzessive Einschwärzung
Dagegen legte der Betroffene Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und hat nun Recht erhalten. Das Fedpol hat gemäss einem am Freitag veröffentlichten Urteil dem Franzosen die Einsicht in weite Teile der Akten verwehrt und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Zwar darf das Fedpol die Einsicht in gewisse Akten verweigern oder einschränken, wenn dies durch wesentliche Interessen gerechtfertigt ist. Wie aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hervor geht, hat das Fedpol die Dokumente aber exzessiv eingeschwärzt. Es hat auch Informationen abgedeckt, die dem Beschwerdeführer bekannt waren, wie beispielsweise seine strafrechtlichen Verurteilungen. Weiter schwärzte das Fedpol sogar öffentlich zugängliche Informationen.
Weil der Anspruch auf rechtliches Gehör zu den grundlegenden Verfahrensgarantien gehört, kann eine Verletzung dieses Rechts nur in Ausnahmefällen in einem Verfahren wieder «geheilt» werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt gemäss Bundesverwaltungsgericht nicht vor.
«Beunruhigende Elemente»
Das Bundesverwaltungsgericht bemängelt weiter, aus den Akten gingen nicht ausreichend konkrete Elemente hervor, die auf eine gegenwärtige und tatsächliche schwere Gefährdung der inneren Sicherheit durch den Franzosen hindeuten würden.
Dem Beschwerdeführer werde seine angebliche Zugehörigkeit zum radikalen Islam und seine frühere Arbeit in einer Moschee, die auch von Extremisten besucht werde, vorgeworfen.
Weiter führte das Fedpol an, dass die Ablehnung der Verlängerung der Grenzgängerbewilligung beim Betroffenen einen Groll gegen die schweizerischen Institutionen hervorgerufen haben könnte.
Dies sind für das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend Elemente oder Beweise, um ein Einreiseverbot für einen EU-Bürger zu rechtfertigen, der aufgrund seiner familiären und beruflichen Situation sehr enge Beziehungen zur Schweiz hat.
Für einen braven Bürger scheint das Bundesverwaltungsgericht den Franzosen trotz aller Kritik am Fedpol jedoch nicht zu halten. Es räumt ein, dass das Dossier des Fedpol über den Beschwerdeführer, welches das Bundesverwaltungsgericht in einer ungeschwärzten Version erhalten hat, beunruhigende Elemente zu seinem Profil und seinem Verhalten in der Vergangenheit aufweise.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.