Eisschmelze kann durch Abdunkeln der Sonne nicht verhindert werden
Forschende in Bern suchen nach Massnahmen, die die Eisschmelze verzögern oder gar verhindern könnte. Gleichzeitig warnen sie vor gefährlichen Natur-Eingriffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der fortschreitende Klimawandel lässt den westarktischen Eisschild schneller abschmelzen.
- Forschende der Universität Bern suchen nach Möglichkeiten, die Entwicklung aufzuhalten.
- Dabei erkennen sie aber auch das langfristige Risiko von Eingriffen in die Natur an.
Eine künstliche Abdunkelung der Sonne ist höchst risikoreich. Und würde allein ohnehin nicht ausreichen, um das Abschmelzen des westantarktischen Eisschildes zu verhindern. Zu diesem Schluss kommen Berner Forschende. Wolle man einen langfristigen Zusammenbruch des Eisschildes vermeiden, dann sei eine rasche Dekarbonisierung der effektivste Weg.
Die Treibhausgas-Emissionen müssten «ohne Verzögerung» auf Netto-Null reduziert werden. Dann seinen die Chancen auf einen längerfristig stabilen Eisschild am grössten.
Das geht aus einer Publikation in der Fachzeitschrift «Nature Climate Change» hervor, wie die Universität Bern am Freitag mitteilte. Beteiligt waren die Abteilung Klima und Umweltphysik am Physikalischen Institut und das Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern.
Forschende suchen nach einer Notlösung, um den Klimawandel aufzuhalten
Ihre Arbeit dreht sich um eine mögliche Notlösung, mit der sich der Klimawandel aufhalten liesse. Unter dem Begriff Geoengineering werden seit längerem technische Methoden diskutiert, die das Klima künstlich beeinflussen.
Laut den Berner Forschenden müsste eine ganze Flotte von extrem hochfliegenden Flugzeugen Millionen Tonnen Aerosole in der Stratosphäre ausbringen. Um so die Sonne künstlich abzudunkeln. Dieser technische Eingriff ins Klima müsste ohne Unterbruch über Jahrhunderte aufrechterhalten werden.
Würde die Intervention gestoppt, solange die Treibhauskonzentration in der Atmosphäre hoch bleibt, hätte dies gravierende Folgen. Die Temperatur auf der Erde stiege sprunghaft um mehrere Grade an.
Dazu könnten weitere, noch ungenügend erforschte Nebenwirkungen kommen. Sie reichen von einer Verschiebung des Monsunregimes bis zur Veränderung von Ozean- und Atmosphärenzirkulation.
Geoengineering wäre «ein potenziell gefährlicher Eingriff» ins Klima
«Geoengineering wäre ein weiteres globales Experiment und ein potenziell gefährlicher Eingriff der Menschen in das Klimasystem.» Das erklärte Professor Thomas Stocker, Mitautor der Studie. Gemäss Artikel 2 der UNO-Klimarahmenkonvention sollte dies auf jeden Fall verhindert werden.
Bisher drehte sich die Forschung um globalen Auswirkungen. Die es geben könnte, wenn die Erde durch technische Massnahmen kühler würde. Die Berner Studie ist die erste die zeigt, welche Wirkung eine Abdunkelung der Sonne aufs Antarktische Eisschild hätte.
Die Entwicklung des Eisschilds wurde unter verschiedenen künftigen Treibhausgas-Szenarien untersucht. Fazit: Gehen die Emissionen ungebrochen weiter und erfolgt der technische Eingriff Mitte dieses Jahrhunderts, liesse sich der Kollaps etwas hinauszögern. Verhindern aber nicht.
Eisschmelze könnte durch Solar Radiation Management verhindert werden
In einem mittleren Emissionsszenario könnte sich das sogenannte Solar Radiation Management (SRM) als «effektives Werkzeug» erweisen. Um so das Kollabieren des Eisschilds zu verlangsamen oder sogar zu verhindern. Gemäss den Modellberechnungen würde SRM dann am besten wirken, wenn es möglichst früh erfolgt und mit ehrgeizigen Klimaschutzmassnahmen kombiniert wird.