Ex-Gatte bei Unterhalt wichtiger als volljähriges Kind in Ausbildung
Das Wichtigste in Kürze
- Der Anspruch auf Unterhalt eines Ex-Gatten geht dem eines volljährigen Kindes vor.
- Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes hat immer Vorrang.
Der Anspruch auf Unterhalt eines Ex-Ehegatten geht dem eines volljährigen Kindes in Ausbildung vor. Dies hat das Bundesgericht am Dienstag in einer öffentlichen Beratung entschieden.
Im konkreten Fall verpflichtete das Appellationsgericht des Kantons Tessin eine Frau 2018 ihrem Ex-Mann Unterhalt zu zahlen. Zudem musste sie auch für den Unterhalt der minderjährigen Tochter aufkommen. Damit blieb aufgrund der finanziellen Situation nichts mehr für die volljährige Tochter übrig, die sich in Ausbildung befand. Aus diesem Grund wurde die Unterhaltszahlung für den Ehemann auf Ende der Ausbildung der älteren Tochter verschoben.
Der Ex-Gatte pochte aber auf seinen Unterhalt. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde des Mannes teilweise gutgeheissen und hält damit an der bisherigen Rechtsprechung fest.
Der Unterhaltsanspruch eines mündigen Kindes muss im Falle unzureichender finanzieller Mittel hinter den eines ebenfalls unterhaltsberechtigten Ehegatten zurückstehen. Dies entschieden die Lausanner Richter in einem Grundsatzurteil 2006.
Gesetzesrevision ohne Einfluss
Keinen Einfluss auf diese Rechtsprechung hat nach Auffassung des Bundesgerichts die Revision des Unterhaltsrechts, die seit 2017 in Kraft ist. Die entsprechende Bestimmung lautet, dass der Unterhaltsanspruch des unmündigen Kindes anderen familienrechtlichen Unterhaltspflichten vorgeht.
Von dieser Regel kann ein Gericht abweichen, allerdings nur in begründeten Fällen. Möglich ist es, wenn beispielsweise ein unterhaltsberechtigtes volljähriges Kind damit benachteiligt würde.
Ziel der Revision war gemäss Bundesgericht die Sicherung des Unterhalts des minderjährigen Kindes. Kein Thema war die Hierarchie der Ansprüche von Ex-Ehegatten und volljährigen Kindern in Ausbildung.
Wie vom Bundesgericht eingeholte Unterlagen zeigen, hat das Parlament bei der Beratung des Gesetzes einen Minderheitsantrag abgelehnt. Dieser verlangte, dass die Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder in Ausbildung diesbezüglich Vorrang haben sollen.