Experten schätzen Wert von Riesen-Kokainfund auf 15 Mio. Franken
In mehreren Coop-Filialen wurden insgesamt 140 Kilogramm Kokain gesichert. Für die Schweiz ist das ein Riesenfund – doch der Markt ist noch deutlich grösser.
Das Wichtigste in Kürze
- Mitarbeiter fanden in mehreren Ostschweizer Coop-Filialen insgesamt 140 Kilogramm Kokain.
- Experten schätzen den Strassenwert auf rund 15 Millionen Franken.
- Jährlich werden in der Schweiz rund fünf Tonnen Kokain konsumiert.
Die Mitarbeiter einer Coop-Filiale in St. Gallen dürften nicht schlecht gestaunt haben: Sie entdeckten in einer Lieferung Bananenkisten 50 Kilogramm Kokain. In der Folge wurden in Ostschweizer Coop-Filialen insgesamt 140 Kilogramm der Droge entdeckt.
Damit handelt es sich um einen der grössten Schweizer Kokain-Funde der letzten Jahre: Im gesamten vergangenen Jahr wurden gemäss polizeilicher Kriminalstatistik 857 Kilogramm Kokain von der Polizei sichergestellt. Darunter befand sich mit einer Menge von 600 Kilogramm jedoch auch der grösste Kokainfund der Schweizer Geschichte.
Suchtexperte: 15-Millionen-Franken-Fund
Frank Zobel, Vizedirektor der Stiftung «Sucht Schweiz», bestätigt, dass es sich um einen aussergewöhnlich grossen Fund handelt. Er schätzt den Verkaufswert bei der Ankunft in Europa auf vier Millionen Franken – der Schweizer Strassenpreis dürfte gar bei 15 Millionen liegen. Dennoch dürfte die Beschlagnahmung keinen sonderlich grossen Einfluss auf den Schweizer Kokainmarkt haben.
«Wir schätzen den jährlichen Schweizer Kokainkonsum auf etwa 5 Tonnen», erklärt Zobel. Dabei wird die aufputschende Droge manchmal von Schweizer Händlern noch gestreckt. «Damit macht der aktuelle Fund nur rund drei bis fünf Prozent des jährlichen Schweizer Kokainkonsums aus.» Genaue Zahlen sind aufgrund der gesellschaftlichen und rechtlichen Ächtung nur schwer zu erheben.
Polizeikontrollen limitieren den Markt nur geringfügig
Studien von «Sucht Schweiz» im Kanton Waadt belegen, dass nur rund acht bis zehn Prozent des Kokains in der Schweiz beschlagnahmt werden. Das Händlernetz ist gut organisiert, Ausfälle werden aufgefangen. «Derartige Funde tun den betroffenen Händlern sehr weh, haben aber keinen grossen Einfluss auf den gesamten Markt», so Zobel.
Die für die Herstellung benötigte Cocapflanze wächst natürlich in den Anden. Der Grossteil der globalen Kokain-Produktion stammt aus Südamerika und wird versteckt in der Ladung von Containerschiffen nach Europa gebracht. Warum die Ware die Coop-Filialen erreicht hat, obwohl sie von den Schmugglern mit Peilsendern ausgestattet worden war, bleibt unklar. «Es ist gut möglich, dass die Ware nicht einmal für den Schweizer Markt gedacht war», gibt Zobel zu bedenken.
Schweizer konsumieren viel Kokain
Der Kokainkonsum ist in der Schweiz weit verbreitet. Rund 4,2 Prozent der Schweizer haben mindestens einmal in ihrem Leben Kokain konsumiert. Dabei greifen Personen aus allen Bevölkerungsgruppen zu der Droge, die aufputschend und stimulierend wikt.
Regelmässig wird europaweit die Drogenkonzentration im Abwasser gemessen. Dabei belegen Schweizer Städte wie Zürich und St. Gallen beim Kokainkonsum reglmässig Spitzenplätze: Nur in Amsterdam und Antwerpen, die auf den Handelswegen liegen, ist die Kokain-Konzentration im Abwasser höher.
Coronavirus beeinflusst Drogenhandel und -konsum
Das Coronavirus war auch für den europäischen Drogenmarkt ein einschneidendes Ereignis. Hinsichtlich geschlossener Grenzen und verschärfter Kontrollen urteilt Zobel: «Die Corona-Massnahmen waren auch ein Antidrogenprogramm.»
Das Netz der Drogenhändler erwies sich doch als krisenresistent: Die Beschlagnahmungen der Polizei in Europa gingen laut Zobel nicht wesentlich zurück. Auch unter den Kokainabhängigen stellte «Sucht Schweiz» keine Unterversorgung fest.
Einerseits wurde der internationale Drogenhandel Corona-bedingt gebremst. Gleichzeitig ging jedoch der Konsum wohl auch auf natürliche Weise zurück: Viele Schweizer benutzen Kokain als Partydroge. Mit dem Wegfallen der Ausgehmöglichkeiten aufgrund des Lockdowns dürfte somit auch der Drogenkonsum zurückgegangen sein.