Experten warnen: Neue Häuser sind nicht für Stürme gebaut
Der starke Sturm in La Chaux-de-Fonds NE hat vor allem moderne Industriebauten komplett zerstört. Experten warnen: Beim Neubau werden Risiken zu wenig beachtet.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sturm in La Chaux-de-Fonds NE hat neue Gebäude stärker beschädigt als alte.
- Gemäss der Gebäudeversicherung fehlt bei Neubauten heute oft das «Risikobewusstsein».
- Zudem widersteht moderne, energiesparende Isolation den Elementen weniger gut.
Auf Windgeschwindigkeiten von bis zu 217 Kilometern pro Stunde, die am Montag über La Chaux-de-Fonds NE hinwegfegten, war niemand vorbereitet. Der Sturm richtete an bis zu 5000 Gebäuden Schäden an – teils wurden ganze Dächer abgedeckt.
Auffällig: Besonders neuere Industriegebäude wurden schwer beschädigt und verloren teils die ganze Fassade und alle Fenster. «Die historischen Gebäude haben es relativ gut überstanden», sagte Stadtpräsident Jean-Daniel Jeanneret gegenüber «Le Temps».
Aber woran liegt das? Werden neue Gebäude weniger stabil gebaut?
Neue Häuser mit weniger Risikobewusstsein gebaut
«Wir stellen fest, dass ein Risikobewusstsein nicht unbedingt vorhanden ist», sagt Alain Rossier in der SRF-«Tagesschau». Für den Direktor der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (VKG) ist klar: Für viele ist die Sicherheit derzeit beim Hausbau der letzte Gedanke – es gehe eher um Aussehen oder Preis.
Auch das Baumaterial ist entscheidend. «Die älteren Gebäude bestehen oft aus Ziegeln oder natürlichen Steinen», erklärt Ingenieur und EPFL-Professor Aurelio Muttoni gegenüber «Le Temps».
Moderne Bauten benutzen mehr Holz oder Metall und seien dadurch leichter, aber verletzlicher gegenüber Starkwinden und Schnee. Vor allem auch grosse Fensterfronten sind den Elementen stärker ausgesetzt.
Und: «In den letzten Jahrzehnten wurde Isolationsmaterial eingesetzt, das zwar von einem nachhaltigen und energiesparenden Standpunkt super ist. Aber es ist schwächer gegenüber Stürmen», sagt auch der Ingenieur und EPFL-Professor Aurelio Muttoni. Das sei der Grund für die teils massiven Schäden an Fassaden von Industriegebäuden in La Chaux-de-Fonds.
Sicherheit kostet
Muttoni betont: «Die moderne Isolation kann genauso robust gemacht werden – aber das bedeutet grosse Mehrkosten.» Trotzdem sollte man sich gemäss dem VKG immer darüber informieren, was nötig ist, dass ein Gebäude möglichen Wetterereignissen standhält.
Dafür weist Rossier auf Online-Portale hin, auf denen künftige Hausbesitzer die Risiken für ihren Standort abchecken können. So wird auf der Webseite «Schutz vor Naturgefahren» etwa das Hagel- oder Hochwasserrisiko genau aufgeführt.
«So könnten sehr viele Schäden verhindert werden», meint Rossier in der SRF-Sendung. Aber: «Dieses Risikobewusstsein in die Bevölkerung reinzubringen, ist sehr schwierig.»