Fall Gianni Infantino: Ex-Sonderermittler übt scharfe Kritik
Der Fall Gianni Infantino kommt nicht zur Ruhe: Stefan Keller, der ehemalige ausserordentliche Bundesanwalt, äussert scharfe Kritik an der Schweizer Justiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Stefan Keller hat im Zusammenhang mit dem Fall Infantino schwere Vorwürfe erhoben.
- Er wirft der Schweizer Justiz vor, ihn gezielt aus dem Spiel genommen zu haben.
Der ehemalige ausserordentliche Bundesanwalt Stefan Keller hat scharfe Kritik an Teilen der Schweizer Justiz geäussert. Das Bundesstrafgericht habe ihn mit einem nicht anfechtbaren Urteil gezielt aus dem Spiel genommen, sagte Keller der «Neuen Zürcher Zeitung».
Die Rede ist dabei von der Ermittlung gegen den Fifa-Präsidenten Gianni Infantino. Er warf der dreiköpfigen Richterbank Parteilichkeit vor. So machte er geltend, zwei der drei Mitglieder des verantwortlichen Richterkollegiums gehörten wie Infantinos Verteidiger der Zürcher SVP an.
Keller wirft Bundesanwaltschaft gezielte Behinderung vor
Die Interessen, ihn «kaltzustellen» seien auf der Hand gelegen, erklärte Keller. Dies, weil seine Untersuchungen auch Richterpersonen in Bellinzona TI betroffen hätten. Dabei stünden für die Mitglieder des Bundesstrafgerichts im Herbst die Wiederwahl im Parlament an.
Auch die Bundesanwaltschaft - also die Behörde, für die er tätig war - griff Keller an. Wichtige Akten seien ihm bis am Schluss seiner Tätigkeit nicht vorgelegt worden, sagte er. «Die Behinderung des ausserordentlichen Bundesanwalts hatte wohl System. Sie lässt vermuten, dass die Bundesanwaltschaft nicht gewillt ist, die vergangenen Jahre aufzuarbeiten.»
Fall Gianni Infantino ist weiterhin pendent
Für die nahe Zukunft im Fifa-Fall äusserte sich Keller wenig optimistisch. Ein solches Verfahren könne ohne eine unabhängig funktionierende Beschwerdeinstanz nicht erfolgreich zu Ende gebracht werden.
Dafür müssten seiner Meinung nach kurzfristig in Bellinzona personelle Wechsel oder Rochaden erfolgen. Zudem blieben auch die Hindernisse in der Bundesanwaltschaft bestehen, solange kein neuer Bundesanwalt gewählt werde, der bereit sei, aufzuräumen.
Keller war vom Parlament beauftragt worden, nicht protokollierte Treffen von Ex-Bundesanwalt Michael Lauber und dem Fifa-Präsidenten Gianni Infantino zu untersuchen. Die Fifa hatte Zweifel an Kellers Qualifikation angemeldet und gelangte mit mehreren Beschwerden ans Bundesstrafgericht.
Anfang Mai wurde ein Entscheid der Beschwerdekammer am Bundesstrafgericht bekannt, wonach Keller gegenüber Infantino befangen sei. Das Gericht warf Keller unter anderem eine verfehlte Kommunikationspolitik vor.
In der Folge legte Keller sein Mandat nieder. Er erklärte, aufgrund der personellen Besetzung der zuständigen Beschwerdekammer sehe er sich ausserstande, seine Ermittlungen fortzusetzen.