Bündner Familie verreist einen Tag vor Ferien – Mega-Busse
Eine Bündner Familie verreist einen Tag vor den Ferien. Dafür wurde ihr eine 2000-Franken-Busse aufgebrummt. Die Mutter wehrte sich dagegen.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Bündner Mutter verreiste mit ihren vier Kindern einen Tag vor Ferienbeginn.
- Sie wurde dafür mit 2000 Franken gebüsst, die Strafe wurde auf 400 Franken reduziert.
- Der Lehrer-Verband fordert eine Harmonisierung der uneinheitlichen Bussenhandhabung.
Amina Ghulam aus Maienfeld GR verreiste im letzten Sommer mit ihren vier Kindern bereits am Freitag vor Beginn der Sommerferien. Das wäre sie beinahe sehr teuer zu stehen gekommen, wie der «Beobachter» berichtet.
Die 46-jährige Ärztin plante eine Rundreise durch Kanada. Damit wollte sie den Kindern den ersten Flug und Erholung vom Scheidungsstress ermöglichen. Um ihre eigenen vier Wochen Ferien pro Jahr auszunutzen, buchte sie den Flug am Freitag.
Einige Wochen nach den Ferien erhielt die Bündnerin dann Post vom Schulrat des Kreises Maienfeld – und eine saftige Busse. So verlangte der Schulrat 500 Franken pro Kind – 2000 Franken insgesamt also.
«Unterrichtsversäumnis am letzten Schultag des Schuljahres» war die Begründung. Die Höhe wurde damit begründet, dass sie «nicht tiefer sein sollte als eine mögliche Einsparung aus einem günstigeren Flug».
Ghulam fühlte sich «wie eine Schwerverbrecherin» und fand die Busse «völlig überrissen». Deswegen wehrte sie sich. Die Schule blieb aber hart und sagte, es sei die gängige Praxis.
Schliesslich befasste sich der Kanton mit der Angelegenheit. Das Fehlen am letzten Schultag verstösst in der Tat gegen die Volksschulgesetze vieler Kantone, so auch gegen jenes von Graubünden.
Die Begründung der Höhe wurde aber als «ziemlich sachfremd» beurteilt. Und die Busse auf 100 Franken pro Kind reduziert.
Dies wurde von beiden Seiten akzeptiert: Ghulam bezahlte die 400 Franken, der Schulrat zog den Entscheid nicht weiter und will nun seine Bussenpraxis prüfen. Der Fall ist damit also abgeschlossen. Was zurückbleibt, ist die willkürliche Bussenverteilung.
So befasste sich erst kürzlich das Bündner Verwaltungsgericht mit einem Schulabsenzen-Fall. Bei diesem fehlten drei Kinder während drei Monaten unentschuldigt, die Strafe betrug 1500 Franken.
Lehrer-Verband fordert Harmonisierung der Bussenpraxis
In einem anderen Bündner Dorf wurde ein unentschuldigter Fehltag mit 250 Franken gebüsst. In einem weiteren gab es für zwei Wochen 500 Franken. Hier wurde die Busse aber wegen der finanziellen Verhältnisse der Mutter reduziert.
Auch in anderen Kantonen haben Schulen viel Handlungsspielraum. Es gebe grosse Unterschiede in der Handhabung, sagt Beat Schwendimann, Leiter Pädagogische Arbeitsstelle des Lehrer-Dachverbands. «Diese Uneinheitlichkeit kann zu Irritationen bei Eltern führen und das Vertrauensverhältnis zwischen Schule und Elternhaus belasten.»
Er fordert gegenüber dem «Beobachter» deshalb zwei Dinge: eine stärkere Harmonisierung der Bussenpraxis auf nationaler Ebene. Und dass Bussen als letztes Mittel eingesetzt würden, zuerst solle man auf Dialog setzen.