Fasnacht: Wie weit darf die Narrenfreiheit gehen?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Fasnachts-Saison ist in vollem Gange.
- Doch wie weit darf die Narrenfreiheit gehen?
- Nau hat sich umgehört.
Gestern Samstag endete die Berner Fasnacht, morgen Montag geht es in Basel los. Immer wieder werden die Volksfeste wegen Begleiterscheinungen kritisiert, etwa wegen Rassismus, Homophobie oder Sexismus. Wie weit geht die Narrenfreiheit? Drei Involvierte geben Auskunft.
Der Basler Schnitzelbangg
Giftspritzi feierte seine Premiere im Jahr 2016 als Schnitzelbänggler. «Die Fasnacht sollte bissige und unangenehme Themen ansprechen», sagt der Fasnächtler. «Auch diejenigen, die man im Privatleben vielleicht eher ignoriert.»
Seiner Meinung nach könne jede Clique und jeder Bangg so weit gehen, wie die Involvierten selber verantworten könnten. Die Ausnahme für Giftspritzi: Wenn öffentliche Personen oder Ethnien niveaulos und plump beleidigt werden. Zudem solle die Fasnacht nicht für politische Zwecke missbraucht werden.
Der Künstler hat auch schon über «Mohrenköpfe» geschrieben. Giftspritzi: «Hätte ich E-Mails von genervten Zuschauern oder betroffenen Personen erhalten, die mir gesagt hätten, dies sei plump und beleidigend, hätte ich den Vers sehr wahrscheinlich weggelassen».
Der Rassismus-Experte
«Der Humor darf auch mal derb sein, das aktuelle Geschehen aufgreifen und bekannte Persönlichkeiten auf lustvolle Weise auf die Schippe nehmen.» Das findet Dominic Pugatsch. Er ist Geschäftsführer der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus.
Witze und Reime, die herabwürdigend seien und unter dem Deckmantel der Fasnacht Minderheitengruppen angreifen und diskriminieren würden. Solche Aussagen seien ein «No-Go». Es müsse nicht per se ein Strafbestand vorliegen, dass eine Äusserung als diskriminieren verstanden werden könne.
Gerade bezüglich des «N-Worts» gebe es klare Anhaltspunkte dafür. «Deshalb sind diese Bezeichnungen und verwandte Begriffe heute nicht mehr zeitgemäss », sagt Pugatsch. Die Wirkung sei für Betroffene verletzend und rassistisch.
Doch was ist mit der Tradition? Pugatsch: «Es entspricht einer aufgeklärten Gesellschaft, einer modernen Demokratie, dass Menschen kritisch reflektieren und wenn nötig Korrekturen vornehmen können.» Dies gelte auch bei der Sprache. Pugatsch hat den Eindruck, dass bewusste Tabu-Brüche allgemein zunehmen würden.
Der Fasnachts-Kenner
Peti Federer vom Luzerner Fasnachtskomitee spricht von einer Grauzone: «Es ist ein schmaler Grat zwischen gelungen und daneben». Grenzen zu überschreiten sei nicht in Ordnung. Jedoch hat Federer Verständnis für Tradition.
Aber: «Wörter wie Neger gehen heute nicht mehr.» Manchmal werden auch Verkleidungen zu sehr auf die Spitze getrieben. «Es ist aber keine Satire, Leute an den Pranger zu stellen.»
Im Endeffekt könne man an der Fasnacht in Rollen schlüpfen, die man sonst nicht kenne. Nur eben – mit Feingefühl.