Fassade des Nest Gebäude soll Energie liefern

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Dübendorf,

Die Fassade des «Nest»-Gebäude in Dübendorf ZH hat was drauf! Sie soll nämlich mehr Energie liefern, als im Inneren verbraucht wird.

Blick von aussen auf das Gebäude «Nest» an der Führung der EMPA durch das «Urban Mining & Recycling» Wohnmodul auf dem EMPA Campus in Dübendorf ZH.
Blick von aussen auf das Gebäude «Nest» an der Führung der EMPA durch das «Urban Mining & Recycling» Wohnmodul auf dem EMPA Campus in Dübendorf ZH. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Fassade des «Nest»-Gebäudes in Dübendorf ZH ist ökologisch.
  • Durch Solarmodule soll diese nämlich Strom erzeugen können.

Die Fassade liefert Strom und Warmwasser, Sensoren messen drinnen den Lichteinfall und stellen die Storen ein, und die Lampen imitierten das Sonnenlicht im Tagesverlauf. Am «Nest»-Gebäude in Dübendorf ZH haben Forschende das neue Modul namens SolAce präsentiert.

Der Sommer 2018 liess es erahnen: Die vollverglasten Wolkenkratzer sehen zwar schick aus, sind aber wohl nicht mehr der Baustil der Wahl angesichts künftig vermehrt auftretender Hitzewellen. Die Sonne knallt durch die riesigen Fenster, blendet und heizt den Innenbereich auf. Storen herunterlassen und Klimaanlage anwerfen – das machte das Büroleben gerade noch erträglich. Den Energieverbrauch für die Kühlung kann man sich ausmalen.

Schicke Gebäude könnten aber auch anders aussehen und zugleich energieeffizienter sein. Das soll ein neues Gebäudemodul namens SolAce am Forschungsgebäude «Nest» in Dübendorf ZH beweisen.

Hier schimmert die Fassade blaugrün und liefert gleich den Strom und das warme Wasser für die Innenräume. Damit ist das Äussere fast das Wichtigste an dem Gebäudemodul. Denn das Ziel von SolAce ist eine positive Energiebilanz: Die Fassade soll im Jahresverlauf mehr Energie produzieren als in den Innenräumen verbraucht wird.

Bunte Solarmodule

Die klassischen blau-schwarzen Solarmodule haben sich bisher fast nur auf Dächern durchgesetzt. Grund ist in erster Linie die Ästhetik. Um das zu ändern entwickelten die EPFL-Forschenden farbige Verglasungen für Solarmodule und solarthermische Kollektoren.

Farbpigmente kommen dafür nicht in Frage, da sie zu viel der Sonneneinstrahlung schlucken und entsprechend zu Verlusten in der Ausbeute führen würden. Stattdessen setzten die Forschenden um Jean-Louis Scartezzini und Andreas Schüler von der ETH Lausanne (EPFL) auf sogenannte Strukturfarben. Ähnlich wie bei den Flügeln von Schmetterlingen erzeugen Nanostrukturen den Farbeindruck.

Dünne Schichten von nur 5 bis 200 Nanometer Dicke auf der Innenseite der Verglasung sorgen dafür, dass das Licht aus einem bestimmten Wellenlängenbereich reflektiert wird, der Rest aber möglichst ungehindert hindurch fällt. Die Schichten seien sehr transparent, so dass es nur geringe Energieeinbussen gebe, erklärte Schüler gemäss der Mitteilung.

Die Technologie, die der SolAce-Aussenhülle ihre Farbe verleiht, ist inzwischen patentiert und wird von einem Spin-Off Unternehmen namens SwissINSO vermarktet, wie es die Projektverantwortlichen heute Montag mitteilten. Die auch in anderen Farben möglichen Solarmodule sind bereits an anderen Gebäuden im Einsatz.

Spektakulärstes Beispiel ist der Nordhavn Campus der International School von Kopenhagen mit einer Fassade aus 12'000 gefärbten Solarmodulen. Nun soll sich das System auch im Gesamtpaket von technologischen Neuerungen im Rahmen von SolAce beweisen.

Spezielle Fenster

Die Energieproduktion ist aber nur die eine Seite der Medaille einer positiven Energiebilanz: Auch der Energieverbrauch muss möglichst gering bleiben. Und dazu tragen unter anderem die Fenster bei, ebenfalls eine Entwicklung der EPFL-Forschenden.

Für das Auge unsichtbar sind in der Verglasung Mikrospiegel angebracht, die das Licht der im Winter tief stehende Sonne an die Decke der Räume umlenkt. Die Bewohner der knapp 100 Quadratmeter des Moduls sollen so weniger geblendet werden und trotzdem im Winter helle Räume geniessen können.

Die Strahlen der im Sommer steiler einfallenden Mittagssonne hingegen werden gebündelt und abgebremst, so dass sich die Räume nicht zu sehr aufheizen. Die EPFL-Forschenden seien derzeit gemeinsam mit BASF Schweiz dabei, am industriellen Herstellungsprozess zu arbeiten, hiess es in der Mitteilung.

Schlaues Beleuchtungssystem

Zu dem Paket an technischen Innovationen, die in der neuen Nest-Gebäudeeinheit stecken, gehört unter anderem auch der Prototyp eines neuen Lichtsensorsystems, das Beleuchtungsverhältnisse und Blendeffekte misst und je nach Bedarf die Storen und künstliche Beleuchtung steuert. Blendet das Aussenlicht trotz der Spezialfenster doch zu sehr, werden die geschwungenen Lamellenstoren so eingestellt, dass sie das einfallende Licht an die Decke lenken.

Wird es hingegen in den Räumen zu dunkel, reagiert die Beleuchtung. Dabei imitiert sie das Sonnenlicht im Tagesverlauf. Diese «zirkadiane Beleuchtung» soll den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus unterstützen, hiess es in der Mitteilung.

Zunächst werden sich hauptsächlich Forschende der EPFL in den Räumen aufhalten und die Systeme anpassen. Dann jedoch sollen Gäste der direkt benachbarten Forschungsanstalt Empa, welche das Gebäude gemeinsam mit der Forschungsanstalt Eawag betreibt, in die Räumlichkeiten einziehen.

Der Test neuer Gebäudetechnologien unter Realbedingungen ist die zentrale Grundidee des Nest-Gebäudes: Innovationen können sich hier im Alltag beweisen, und diese Bewährungsprobe soll ihnen den Sprung auf den Markt erleichtern. Die einzelnen Einheiten des modularen Gebäudes beruhen aus engen Zusammenarbeiten von Forschenden und Industrie.

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