Floyd-Skandal: So werden Schweizer Polizisten geschult

Miguel Pereiro
Miguel Pereiro

Neuchâtel,

Tausende protestieren derzeit gegen die Polizeigewalt in den USA. Der Direktor des Schweizerischen Polizei-Instituts erklärt, wie Polizisten geschult werden.

George Floyd
Links eine Verhaftung bei einem Übungseinsatz an der Interkantonalen Polizeischule IPH, rechts die Verhaftung von George Floyd in den USA am 25. Mai. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Reto Habermacher, Direktor des SPI, erklärt diverse Aspekte der Polizeiausbildung.
  • Bei der Polizeiausbildung in der Schweiz wird Rassismus thematisiert.
  • Der Erstickungsgefahr bei Gewaltanwendung wird zentrale Beachtung geschenkt.

Der Name George Floyd geht um die Welt. Nach dem Tod des Afroamerikaners in Minneapolis durch massive Polizeigewalt sind die Menschen in den USA ausser sich. Nicht nur das – auch in Europa gehen die Menschen als Zeichen gegen Rassismus auf die Strasse.

Es ist ein Fall von vielen, der zeigt, wie brutal die Polizei vorgehen kann. Auch an den Demonstrationen ereignen sich schockierende Szenen – etliche Polizisten wurden entlassen oder angeklagt.

George Floyd
Eine Frau fotografiert ein Graffity in Barcelona, das Geroge Floyd zeigt mit einem Stoppschild in der Hand mit der Aufschrft «Stop Racism». - Keystone

Reto Habermacher, Direktor des Schweizerischen Polizei-Instituts, erklärt wie die Polizisten in der Schweiz ausgebildet werden im Umgang mit Racial Profiling und Gewaltanwendung.

Nau.ch: Ist Racial Profiling bei der Ausbildung ein Thema?

Reto Habermacher: Als Racial Profiling wird ein auf Stereotypen und äusserlichen Merkmalen basierendes Agieren der Polizei anhand von Kriterien wie «Rasse», ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft und nicht anhand von konkreten Verdachtsmomenten gegen eine Person verstanden.

Die Aus- und Weiterbildung der Polizisten/-innen in der Schweiz geht ganz bewusst einen anderen Weg. Die polizeiliche Fahndungstätigkeit ist gegen Personen zu richten, die einem strafrechtlich relevanten Umfeld zugeordnet werden können und ganz bewusst nicht nach einem «Racial Profiling».

Bereits in der neu zweijährigen Grundausbildung ab 2020 werden daher auch die immer bedeutsameren Bereiche «Werte, Normen und Verständnis» stark gewichtet, sowie intensiv geschult und reflektiert. Zusammen mit entsprechenden Weiterbildungsangeboten wird damit sichergestellt, dass eben keine polizeilichen Zwangsmassnahmen auf der Basis von «Racial Profiling» Anwendung finden.

Reto Habermacher
Reto Habermacher, Direktor des Schweizerischen Polizei-Instituts SPI. - Keystone

Im Sinne der vorgenannten Vorgaben an die Ausbildung wird daher im Fach «Menschenrechte und Berufsethik» selbstverständlich auch das «Racial Profiling» thematisiert und als problematische und daher zu unterlassende Vorgehensmethodik dargestellt.

Nau.ch: Wird der Umgang mit Menschen dunkler Hautfarbe und Rassismus speziell thematisiert?

Reto Habermacher: Ja. Sowohl in der Ausbildungsphase in den Polizeischulen (1. Ausbildungsjahr) als auch in derjenigen bei den Korps (2. Ausbildungsjahr) wird immer wieder auf das Thema Rassismus sensibilisiert. Zudem ist der Umgang mit dieser Problematik auch Gegenstand der Zwischenprüfung nach dem ersten Ausbildungsjahr. Der Kurs mit dem Titel «interkulturelle Kompetenz» nimmt diese Thematik in der Weiterausbildung gezielt auf.

Nau.ch: Was sagen Sie zu der Verhaftung von George Floyd, wie würden Sie das Vorgehen aus Ihrer Sicht beurteilen?

Reto Habermacher: Es liegt nicht in meiner Kompetenz, die Arbeit der Polizisten in Amerika zu bewerten – insbesondere ohne vertiefte Kenntnisse der exakten Abläufe.

Aus der Sicht der polizeilichen Ausbildung in der Schweiz kann jedoch festgestellt werden, dass die Problematik von Verhaftungen unter Anwendung von körperlicher Gewalt mit besonders grosser Sorgfalt vermittelt wird. In unzähligen praktischen Ausbildungssequenzen ebenso wie in den späteren Korpsausbildungen wird allen sensiblen Belangen und insbesondere der Erstickungsgefahr bei unsachgemässem Vorgehen zentrale Beachtung geschenkt.

Minneapolis George Floyd Brutal
Der Afro-Amerikaner George Floyd war in Minneapolis am Abend des 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz verstorben. - Facebook/Darnella Frazier

Nau.ch: Wie lernen angehende Polizisten, eine Person in Handschellen am Boden zu sichern? Dabei kommt ja sicherlich auch das Knie zum Einsatz.

Reto Habermacher: Die Ausbildung erfolgt in Theorie und Praxis, angeleitet von speziell ausgebildeten Instruktoren/-innen. Massgeblich ist bei dieser Ausbildung, dass die Polizisten/-innen exakt wissen, welche Griffe und Festhaltemassnahmen aus gesundheitlichen Gründen nicht angewandt werden dürfen.

Dabei ist unter allen Umständen zu verhindern, dass die Luftzufuhr des Festgehaltenen eingeschränkt oder gar unterbunden wird. Ob dazu das Knie zum Festhalten eingesetzt wird oder nicht, ist dabei nicht zentral, vielmehr die Art und Weise, wie diesbezüglich vorgegangen wird.

Nau.ch: Werden Videos von solchen Vorfällen zu Ausbildungszwecken genutzt?

Reto Habermacher: Der Einsatz von Videoaufnahmen ist bei derartigen Ausbildungstätigkeiten sehr wertvoll. Entsprechend wird davon regelmässig Gebrauch gemacht.

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