«Hast du nen Euro?» – jetzt betteln deutsche Punks in der Schweiz
Meist stammen die Menschen, die in der Schweiz betteln, aus Osteuropa. In Bern wird man nun aber auch in astreinem Hochdeutsch um eine Gabe angefragt.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Frau wird am Bahnhof Bern um «nen Euro» angebettelt.
- Was sie erstaunt: Der Bettler spricht astreines Hochdeutsch, ist lässig gekleidet.
- Der Fremdenpolizei Bern sind Bettler aus Deutschlands Punk-Szene bekannt.
«Ich traute meinen Ohren nicht.» Natalie P.* (34) verlässt am Sonntagnachmittag den Bahnhof Bern, will aufs Tram.
Doch als sie die Rolltreppe hochfährt, spricht ein Mann sie an. «Hast du nen Euro?», fragt der lässig gekleidete Deutsche.
Dabei rasselt er mit Münz in seiner Hand und strahlt die Passanten an. Er passt jeden ab, der die Treppe hochfährt.
Was Natalie stört: «Der Mann war warm angezogen, trug coole Turnschuhe und einen Marken-Rucksack. Dem fehlte nichts.»
Und sie wundert sich: «Warum arbeiten solche Leute nicht? Und seit wann dürfen Deutsche bei uns betteln?»
Wahrscheinlich eine Person «aus der Punks-Szene»
Die Antwort kennt Alexander Ott, Amtsleiter Fremdenpolizei der Stadt Bern. «In Stadt und Kanton Bern gibt es kein Bettelverbot», erklärt Ott.
Dass Personen aus Deutschland in Bern betteln, ist Ott bekannt: «Das sind vereinzelte Personen aus der Punk-Szene.»
Es handle sich dabei nicht um eine Organisation, die die Leute ausbeute. «Sie versuchen einfach, Geld zu erhalten.»
Unter den Bettlern in Bern sind Personen aus Deutschland die Ausnahme. «Die organisierte Bettelei wird in den meisten Fällen von osteuropäischen Gruppen dominiert», erklärt Ott.
Diese Personen seien – anders als Punks – der Armut und Perspektivlosigkeit ausgesetzt. «Meist wurden sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Schweiz gelockt.»
Brisant: Im Kanton Bern ist das Betteln zwar erlaubt. Auf dem Areal der SBB jedoch verboten.
Der Deutsche, der Natalie P. angesprochen hat, stand ziemlich genau auf der Grenze zwischen erlaubtem und verbotenem Bereich.
Er wusste also offenbar genau, was er tut.
SBB weist Bettler weg und zeigt sie an
Was würde allerdings passieren, wenn der Bettler auf dem SBB-Areal bei seinen Ansprechversuchen erwischt wird?
«Bettelnde Personen werden weggewiesen. Im Wiederholungsfall können sie verzeigt werden», teilt die SBB auf Anfrage von Nau.ch mit.
Wie viele renitente Bettler die SBB in den vergangenen Monaten oder Jahren angezeigt hat, darüber führt sie keine Statistik.
Auch zur Frage, ob an Bahnhöfen von Städten, in denen Betteln verboten ist, mehr gebettelt wird, sagt die SBB nichts.
In Bern jedenfalls scheinen sich deutsche Punks wohlzufühlen. Und dürften Passanten wie Natalie P. auch in Zukunft nach «nem Euro» fragen.