Igel stirbt qualvoll – ist Schneckengift schuld?
Eine Bernerin findet einen kranken Igel. Sie vermutet, er habe vergiftete Schnecken gefressen. Eher unwahrscheinlich – trotzdem warnen Expertinnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Bernerin findet einen kranken Igel – sie glaubt, er könnte sich vergiftet haben.
- Schliesslich würden die Tiere gerne Schnecken fressen, die oft mit Gift bekämpft werden.
- Das dürfte hier nicht die Krankheitsursache sein. Trotzdem warnen Expertinnen.
Drama in Belp BE: Anwohnerin Monika Dänzer findet im Quartier ein junges Igeli, das «ganz schlecht» aussieht. «Es lag auf der Seite und atmete nur noch sehr flach», erzählt sie Nau.ch.
Der Igel habe sich nicht mehr eingerollt, als sie sich näherte und hatte einen leeren, starren Blick. «Ich habe rasch an eine Vergiftung gedacht.» Deshalb bringt sie das Tier zum Tierarzt – doch zu spät: «Es musste erlöst werden, weil es sich wohl mit Schneckengift vergiftet hat.»
Bitter: Dänzers gesamtes Wohnhaus habe den Igel gekannt und sich an ihm erfreut. «Er war mit seinem Geschwisterchen immer wieder bei uns im Garten zu Besuch. Mich macht das sehr traurig und extrem wütend, dass ein Tier so leiden muss!»
Hobbygärtner brauchen zu viel Gift
Ob das Igeli tatsächlich vergiftet wurde, lässt sich nicht überprüfen. Eine Expertin hält die These jedoch für wenig wahrscheinlich. «Auf dem Bild sieht man, dass dieser Igel sehr abgemagert ist», sagt Tierärztin Annekäthi Frei vom Igelzentrum. «Er scheint also seit längerer Zeit krank zu sein, was nicht auf eine akute Vergiftung hinweist.»
Eine laut Frei viel naheliegendere Ursache für die Krankheit wären beispielsweise Parasiten. «Igel haben oft Würmer in der Lunge oder im Darm. Das kann vor allem für bereits etwas geschwächte Tiere gefährlich sein.»
Trotzdem warnt sie davor, im Garten mit Giften zu hantieren: «Rattengift zum Beispiel kann auch für Igel gefährlich sein. Schneckengifte auf Metaldehyd-Basis sind eine Gefahr für diverse andere Wildtiere und auch für unsere Haustiere.»
Schneckengift kann tödlich sein
Forscherin und Tierärztin Eva Dervas von der Uni Zürich hat noch nie eine Schneckengift-Vergiftung bei einem Igel gesehen. Aber: «Es ist davon auszugehen, dass das Schneckengift Metaldehyd tödlich für Igel ist – je nach eingenommener Dosis.»
Das Problem: «Wenn Hobbygärtner Schneckenkörner einsetzen, verwenden sie oft viel zu viele Körner», sagt Wildtierbiologin Sandra Gloor vom Verein Stadt Natur. «Auf der Packung ist genau angegeben, wie viele Körner pro Quadratmeter eingesetzt werden müssen.»
Alle Gifte, die im grossen Stil angebracht werden, seien für Wildtiere schädlich. Darum betont sie: «Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass Gifte im Garten nichts verloren haben.»
«Am schlimmsten für Igel sind aufgeräumte Gärten»
Igel haben jedoch noch mit vielen anderen Problemen zu kämpfen. Annekäthi Frei vom Igelzentrum erklärt: «Am schlimmsten für Igel sind aufgeräumte Gärten. Dort finden sie kaum Futter wie Insekten oder Würmer.»
Auch gefährlich seien Mähgeräte. «Beim Rasenmähen sollte man immer gut kontrollieren, ob Tiere in Gebüschen oder im hohen Gras sind.» Erst kürzlich hatte Frei eine schwer verletzte Igelmama auf der Station – «ihr wurde das halbe Gesicht weggeschnitten.»
Die Igelin habe sie nicht mehr retten können. «Zum Glück waren aber ihre beiden Jungen alt genug, um überleben zu können.»
Auch hilfreich sei es, den Igeln eine Wasserschale bereitzustellen, denn sie hätten oft Mühe, Wasser zu finden. Und zuletzt: «Kann man nicht auf Schneckengift verzichten, sollte man auf keinen Fall Metaldehyd verwenden. Besser sind eisenbasierte Mittel.» Geeignet seien zum Beispiel Adalan oder Ferramol.