Immer mehr Minderjährige werden mit Nacktfotos erpresst
Erpressungen mit Nacktfotos nehmen zu – und werden mit KI einfacher. Auch Kinder und Jugendliche geraten immer häufiger ins Visier.
Das Wichtigste in Kürze
- Jeder zweite Jugendliche in der Schweiz wurde schon einmal online sexuell belästigt.
- Nun wurde eine Kampagne gegen Sextortion (Nacktbilder-Erpressung) gestartet.
- KI erleichtert den Missbrauch von Bildmaterial bei Sextortion-Fällen.
Diese Zahlen alarmieren: Jeder zweite Jugendliche in der Schweiz gibt an, bereits einmal online sexuell belästigt worden zu sein. 85 Prozent der Betroffenen von Cybersexualdelikten seien laut der aktuellen polizeilichen Kriminalstatistik unter 20 Jahre alt.
Im Schnitt daure es lediglich drei Minuten, bis ein Kind online eindeutig sexuelle Avancen über sich ergehen lassen müsse. In Chat- oder Gameforen.
Die Organisation Kinderschutz Schweiz hat deshalb am Montag eine Kampagne gegen Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen im virtuellen Raum gestartet.
Schwerpunkt des Kampagnenjahres 2024 ist der Kampf gegen «Sextortion». Also wenn jemand unter Verwendung von intimen Fotos oder Videos unter Druck gesetzt wird. Die Bilder oder Videos, die zur Erpressung dienen, können laut Kinderschutz Schweiz auf verschiedene Arten in die falschen Hände gelangen.
So erbeuten die Täterinnen und Täter Fotos, nachdem Eltern Kinderfotos geteilt haben. Oder aber ursprünglich einvernehmlich unter Jugendlichen geteilte intime Fotos werden missbraucht. Es gibt auch Täter, die sich online als Jugendliche ausgeben. In Chats gewinnen sie dann das Vertrauen von Minderjährigen und fordern irgendwann sexuell explizites Material.
KI macht Missbrauch von Bildmaterial einfacher
Seit 2023 gehe es in der Hälfte der Meldungen, welche die Meldestelle «clickandstop.ch» erhalte, um Sextortion-Fälle. Das sagte am Montag im Schweizer Radio SRF Regula Bernhard Hug, die Geschäftsstellenleiterin von Kinderschutz Schweiz. Diese Meldestelle gegen Pädokriminalität wird von Kinderschutz Schweiz und der Guido-Fluri-Stiftung betrieben.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) mache es heute für die Täterinnen und Täter einfacher, Bildmaterial zu missbrauchen. Das erklärte dort auch Fabian Ilg, Geschäftsleiter der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP). Es gelte deshalb, Bilder grundsätzlich nur in geschlossenen Freundeskreisen zu teilen und im digitalen Raum keine Anfragen von Fremden anzunehmen.
Hinter Sextortion-Delikten stünden heute meist Profis. Diese seien vom Ausland aus tätig, wie Serdar Günal Rütsche, Leiter des Schweizer Netzwerks digitale Ermittlungsunterstützung Internetkriminalität (Nedik), weiter erklärte.
«Was du online teilst, teilst du mit allen»
Die Kampagne von Kinderschutz Schweiz soll drei Jahre lang dauern. Sie setzt für den Transport der Inhalte vor allem auf einen Film.
Er zeigt am Beispiel eines Fotos von einem Mann, wie heute Bilder verfremdet werden können. Und diese dann in völlig neuen Zusammenhängen erscheinen können. Der Film endet mit der Einblendung: «Schütze, was dir wichtig ist. Was du online teilst, teilst du mit allen.»
Ziel der Kampagne ist laut der Mitteilung von Kinderschutz Schweiz, einerseits die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren. Zudem sollen Eltern und Kinder besser auf die genannten Themen vorbereitet sein. Sie sollen Verhaltensweisen kennenlernen, die im Netz Schutz bieten – bevor etwas passiert.
An der Kampagne beteiligen sich zahlreiche Partner, unter anderen auch die Plattform «Jugend und Medien» des Bundesamts für Sozialversicherungen.