Irritierende Verkaufs-Regeln im erneuten Lockdown
Ab Montag gibt es nur noch Güter «des kurzfristigen und täglichen Bedarfs» zu kaufen. Zahlreiche Ausnahmen dabei können für Verwirrung sorgen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund schickt den Schweizer Detailhandel erneut in einen Lockdown.
- Verkauft werden dürfen nur noch «Güter des kurzfristigen und täglichen Bedarfs».
- Was das beinhaltet ist kompliziert, da eine Vielzahl von Ausnahmen für Verwirrung sorgt.
Am Montag beginnt Runde zwei. Mit den strengen Massnahmen will die Regierung eine «brutale dritte Welle im Februar verhindern». Der Bundesrat schickt den Schweizer Detailhandel also erneut in einen Lockdown. Und er will es fairer machen als zuletzt im Frühling.
Zu der Ausarbeitung des Konzepts hat der Bund dieses Mal zum runden Tisch geladen, um eine Verwirrung wie im März zu vermeiden. Damals mussten beispielsweise Blumenläden schliessen, während die Grossverteiler weiterhin Pflanzen verkauften. Beteiligt waren also die Grossverteiler Coop und Migros, der Gewerbeverband, sowie Vertreter aus dem Detailhandel.
Tankstellen und Kioske atmen auf
Der Bund orientiert sich dabei an einem Modell, das seit dem 20. Dezember im Kanton Aargau und seit dem 27. Dezember im Kanton Solothurn angewandt wird. Läden, die «Güter des kurzfristigen und täglichen Bedarfs» anbieten, dürfen offen bleiben.
Dazu zählen auch Kioske und Tankstellen. Die Regelung, dass diese am Sonntag und nach 19 Uhr schliessen müssen, wird aufgehoben. Die offenen Läden müssen Sortimente, die von den Einschränkungen betroffen sind, abdecken.
Offen bleiben auch Apotheken, Drogerien, Optiker, Handy-Shops und Geschäfte für Reparatur und Unterhalt wie Wäschereien oder Autogaragen. Baumärkte, Gärtnereien, Eisenwarenladen und Blumenläden dürfen ebenfalls weiterverkaufen. Alle anderen müssen schliessen.
Was ist «kurzfristiger und täglicher Bedarf»?
Spannend wird es bei einer genaueren Betrachtung, was alles zum «kurzfristigen und täglichen Bedarf» zählt. So dürfen zum Beispiel Besteck und Kochutensilien weiterhin angeboten werden, aber nur «soweit sie nach Art und Preis Verbrauchsgütercharakter haben». Wo genau diese Grenze verläuft, ist nicht weiter spezifiziert.
Gleiches gilt für Aufbewahrungsbehälter und -folien. Auch bei der Kleidung wirds kompliziert. Strumpfwaren, Unterwäsche und Babykleidung mit «Verbrauchsgutcharakter» werden weiter verkauft. Kleider- und Modegeschäfte müssen aber schliessen.
Das hatte zuvor schon in Solothurn für rote Köpfe gesorgt. So liess sich die Co-Geschäftsleiterin eines Modehauses in den «Tamedia»-Zeitungen zitieren, dass «Unterhosen ja nicht unbedingt öfter ausgetauscht werden als T-Shirts. Warum nun das eine erlaubt ist, das andere nicht, können wir nicht nachvollziehen.»
«Blumenläden sind wichtig»
Ebenfalls für hochgezogene Brauen sorgten die Blumenläden. Sie sind in der neuen Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie des Bundes sogar separat bei den Einrichtungen aufgeführt, die offen haben dürfen. Auch die Antwort auf eine entsprechende Frage an der Pressekonferenz schuf nicht viel mehr Klarheit.
Im Kanton Aargau, wo diese Regelungen schon seit Dezember gelten, ist der Tenor eher negativ. «Die Umsetzung der Regelungen funktioniert im Kanton Aargau überhaupt nicht», sagte Stefan Jost, Präsident des Vereins der Aarauer Fachgeschäfte, Dienstleistungsbetriebe und Restaurants, gegenüber dem «Tagesanzeiger».
Es sei niemandem wirklich klar, was offen habe und was nicht. Die Ausnahmeliste sei nie bei den Kunden angekommen.
Die neuen Regelungen gelten bis vorerst dem 28. Februar. Weiterhin möglich ist übrigens das Abholen bestellter Waren vor Ort. Auch Dienstleistungsanbieter wie Coiffeure, Kosmetikstudios, Banken oder die Post bleiben offen. Sie müssen allerdings um 19 Uhr schliessen.