Ist das Blüttel-Abo auf OnlyFans schon Betrug am Partner?
Oft wird OnlyFans als ethische Alternative zu herkömmlichen Porno-Seiten angepriesen. Doch die Sex-Plattform birgt ein grosses persönliches Dilemma.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf der Plattform OnlyFans können Sexarbeitende ihre Inhalte selber verkaufen.
- Nutzer können sich registrieren und einzelne Anbieterinnen gegen Bezahlung abonnieren.
- Die persönliche Natur der Plattform kann allerdings für Beziehungs-Zoff sorgen.
Die Sex-Plattform OnlyFans hat sich als ethischere Alternative zu herkömmlichen Porno-Seiten etabliert – auch in der Schweiz. Damit kontrollieren Sexarbeiterinnen selbst, welche Inhalte sie hochladen und sie werden von den Nutzern direkt bezahlt.
Heisst: Wer ein Konto hat, kann einzelne Accounts gegen Bezahlung abonnieren und bekommt dann Blüttel-Bildli und -Videos zu sehen. Einige Konten bieten auch personalisierte Inhalte oder intime Chats an.
Kurz: Das Ganze läuft um einiges Persönlicher ab als der Besuch auf einer klassischen Pornografie-Plattform. Ist ein OnlyFans-Abo für Beziehungsmenschen also tabu? Eine Frage, mit der sich frühere Generationen nicht auseinandersetzen mussten.
Nau.ch-Leser: «Das geht zu weit»
Inzwischen tummeln sich jedoch auf Foren und Social Media zahlreiche Einträge dazu. Nutzer erzählen davon, wie sie ihre Partner auf OnlyFans erwischt hätten und sich hintergangen fühlten. Nau.ch hat sich umgehört – auch viele Leser würde es stören, wenn ihr Partner andere für Sex-Videos bezahlen würde.
Nau.ch-Leser Remo B.* (25) zum Beispiel findet: «Ich hätte schon ein schlechtes Gewissen. Sobald man für etwas zahlt, hat man aktiver etwas gemacht, als wenn man nur zuschaut.»
Auch, wenn seine Freundin einem heissen OnlyFans-Burschen folgen würde, wäre das für ihn ein Problem. «Es ist nichts Verwerfliches dran, Pornos zu schauen, aber das geht zu weit – es ist zu persönlich.»
Weniger genau nimmt es Leserin Melina H.* «Wenn mein Freund eine Frau auf OnlyFans abonniert hätte, wäre das noch kein Problem. Schwierig würde es für mich erst, wenn er mit ihr chatten oder personalisierte Videos kaufen würde», so die 20-Jährige. Auch stören würde es sie, wenn er nur noch Clips derselben Frau anschauen würde.
Ex-Nutzer: «Hatte schlechtes Gewissen wegen meiner Freundin»
Auch wenn OnlyFans grundsätzlich eine Plattform für pornografische Inhalte ist – ihr persönlicher Aspekt lässt sich nicht wegleugnen.
Und das kann unangenehm sein, wie ein Ex-Nutzer erfahren hat: «Mir war eigentlich gar nicht so recht bewusst, was OnlyFans ist, als ich meinen Account machte. Ich wusste einfach, da gibt es nackte Frauen», so der 25-jährige Leser Daniel G.* gegenüber Nau.ch.
Schnell schaltet sich ein ungutes Gefühl ein. «Ich habe dann eine Nutzerin gefunden und sie für fünf Franken abonniert. Aber es war irgendwie komisch, immer Videos derselben Person zu schauen.» Nach wenigen Tagen löscht er den Account – «Ich hatte ein schlechtes Gewissen wegen meiner Freundin.»
OnlyFans und Co. – Beziehungs-Tabus?
Tatsächlich birgt OnlyFans eine gewisse Streitbarkeit, wie eine Expertin weiss. Sexologin Petra Wohlwend mit einer Praxis in Thun BE erklärt auf Anfrage: «Konfliktpotenzial sehe ich darin, dass es die Frau oder der Mann nebenan sein könnte.»
Sie warnt: «Dies kann sowohl der Reiz für die konsumierende Person sein, wie auch Unsicherheiten beim Partner auslösen.» Die direkte Einflussnahme auf Szenen sei ebenfalls mehr als der reine Konsum von Massenpornografie. «Wenn diese ‹Kundenbindung› dazu führt, dass sich der Konsument zu sehr verliert, kann dies Einfluss auf die Beziehung nehmen.»
Bis in ihre Praxis hat es OnlyFans noch nicht geschafft – die St. Galler Paartherapeutin Ursina Brun del Re dagegen hat Erfahrung damit. Auf die Frage, ob sie Geschichten von Paaren kenne, wo solche Plattformen eine Beziehungskrise verursacht hatten, erklärt sie: «Ja, das höre ich immer wieder – genau so können aber Verletzungen auch bei herkömmlichen Pornos entstehen.»
Fest steht: Das Thema ist sensibel – und kann bei Paaren für Spannungen sorgen. Darf man als Beziehungsmensch also überhaupt OnlyFans-Accounts folgen, ohne das vorher mit dem Partner abzusprechen?
Brun del Re betont: «Was Frau oder Mann darf, müssen alle für sich entscheiden und die Verantwortung dafür übernehmen.» Es sei für die Beziehung hilfreich, wenn besprochen wird, was verletzend ist und wo die Grenzen sind. «Noch wichtiger dabei ist, was die Ängste dahinter sind. Diese zusammen anzuschauen, könnte auch helfen, über mögliche Grenzen neu zu verhandeln.»
*Namen geändert