Jede Stadt hat einen einzigartigen mikrobiellen Fingerabdruck
Jede Stadt besitzt eine unverwechselbare mikrobielle Gemeinschaft, wie ein internationales Team in der Fachzeitschrift «Cell» berichtet. Die Mikrobenjäger analysierten das Erbgut in Proben aus sechzig Städten weltweit, darunter in Zürich.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Tram, auf der Toilette, am Berührungsknopf der Ampel: Überall tummeln sich Winzlinge wie Viren und Bakterien.
Und anhand der Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaft lassen sich tatsächlich verlässlich Rückschlüsse auf einzelne Städte ziehen.
«Wenn Sie mir Ihren Schuh geben, könnte ich Ihnen mit etwa 90-prozentiger Genauigkeit sagen, aus welcher Stadt der Welt Sie kommen», sagte der Studienleiter Christopher Mason, Professor an der Weill Cornell Medicine (New York) und Direktor der WorldQuant Initiative for Quantitative Prediction. Der Forscher begann im Jahr 2013 mikrobielle Proben in der New Yorker U-Bahn zu sammeln und zu analysieren. Dies stellte den Ausgangspunkt für das weltweite, über drei Jahre laufende Projekt dar.
Das Team mit Beteiligung von Schweizer Forschern, die an der ETH und dem Universitätsspital Zürich sowie am Schweizer Institut für Bioinformatik (SIB) tätig sind, untersuchten die DNA in insgesamt 4728 Proben, die sie in öffentlichen Verkehrsmitteln in Städten auf sechs Kontinenten sammelten. Darin identifizierten sie 4246 bekannte Arten von Mikroorganismen. Ausserdem entdeckten sie tausende Mikroben, die in keiner Referenzdatenbank vorhanden sind, darunter fast 11'000 Viren.
Die Forscher fanden 31 Arten, die in 97 Prozent der Proben auftauchten, was sie als «Kern» des städtischen Mikrobioms bezeichneten. Doch einige waren weniger stark verbreitet und gaben den Städten ihren jeweils einzigartigen Fingerabdruck. Die Ergebnisse liefern gemäss den Forschenden zudem erste Hinweise auf die globale Verteilung von antibiotikaresistenten Keimen.
Die Studie wurde durchgeführt, bevor die Corona-Pandemie die Welt heimsuchte. Um zu prüfen, wie sich Sars-CoV-2 im mikrobiellen Muster der Städte niederschlägt, müssten künftige Untersuchungen allerdings nicht nur DNA-, sondern auch RNA-Viren einbeziehen, zu denen auch das Coronavirus zählt.
https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(21)00585-7