Jetzt fürchten Schweizer Arbeitgeber die Heimkehr der Syrer
Der Schweizer Arbeitsmarkt ist auf Menschen aus Syrien angewiesen. Durch eine plötzliche Rückkehr in ihre Heimat könnte sich der Fachkräftemangel verschärfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Syrische Staatsangehörige spielen eine entscheidende Rolle auf dem Schweizer Arbeitsmarkt.
- Besonders im Gesundheitswesen ist die Schweiz stark auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen.
- Ein Wegzug syrischer Arbeitskräfte könnte zu erheblichen Belastungen auf den Arbeitsmärkten führen.
Die Schweizer Wirtschaft steht vor einer Herausforderung. Sollten syrische Flüchtlinge, die erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert wurden, zurück in ihre Heimat kehren, könnten zahlreiche Stellen unbesetzt bleiben. Dies berichtet der «Tages Anzeiger».
Der Schweizerische Arbeitgeberverband äussert seine Bedenken gegenüber der Zeitung: «Müssten Syrer, die hier eine Arbeitsstelle besetzen, zurück in ihr Heimatland, so würde das für den Arbeitsmarkt neue Stellenvakanzen bedeuten. Und damit Rekrutierungsaufwand für die Arbeitgeber. In einer Zeit, in der Arbeitskräftemangel herrscht.»
Verschiedene Branchen sind alarmiert. Artiset – die Föderation von Dienstleistern für Menschen mit Unterstützungsbedarf warnt: «Der Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen ist aufgrund des Fachkräftemangels auf Arbeitskräfte ohne Schweizer Pass angewiesen». Bei einer Rückkehr der syrischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte ein noch grösserer Mangel an Pflegepersonal entstehen.
Auch Gastrobranche befürchtet Engpass
Auch Gastrosuisse möchte nicht auf syrische Fachkräfte verzichten. Beat Imhof – Präsident des Branchenverbands – betont gegenüber der Zeitung: «Die Gastrobranche ist ein Integrationsmotor, und wir haben viele Syrerinnen und Syrer bei uns aufgenommen und ausgebildet. Sie werden bei einer Rückkehr auf dem Arbeitsmarkt fehlen.»
Die Erwerbsquote unter den vorläufig aufgenommenen syrischen Flüchtlingen beträgt 45,9 Prozent. Bei denen, die länger als sechs Jahre in der Schweiz leben, steigt sie sogar auf 50,8 Prozent.
Seit Beginn des Krieges in Syrien im Jahr 2011 haben rund 25'000 Syrerinnen und Syrer Asyl in der Schweiz beantragt. Von diesen haben fast alle entweder Asyl erhalten oder wurden als schutzbedürftig eingestuft.
Massenabwanderung unwahrscheinlich
Michael Siegenthaler von der Konjunkturforschungsstelle (KOF) sieht die wirtschaftlichen Auswirkungen einer möglichen Abwanderung als gering: «Von einer plötzlichen Rückkehr der Syrerinnen und Syrer wären primär einzelne Betriebe betroffen. Solche, die stark auf Personen aus Syrien gesetzt haben», sagt er dem «Tages Anzeiger».
Siegenthaler hält eine plötzliche Massenabwanderung aber für unwahrscheinlich.
Realistischer sei eine «graduelle Abwanderung, weil viele Syrerinnen und Syrer – gerade jene, die hier erwerbstätig sind – abwarten dürften». Einige dürften sich aufgrund der unsicheren Lage und der anhaltend schwierigen Wirtschaftslage in Syrien gegen eine Rückkehr entscheiden.