Syrien: So viele neue Asylgesuche gibt es in der Schweiz
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat die Asylentscheide für Flüchtlinge aus Syrien sistiert. Das bedeutet aber nicht, dass es keine neuen Gesuche gibt.
Das Wichtigste in Kürze
- Das SEM hat Asylentscheide für Flüchtlinge aus Syrien sistiert.
- 500 Menschen aus Syrien warten in der Schweiz auf einen Asylentscheid.
- Flüchtlings-Organisationen kritisieren die Sistierung.
Das Assad-Regime in Syrien ist am Ende. Die Rebellen-Allianz hat in nur eineinhalb Wochen das Regime gestützt.
Auch die Schweiz reagierte auf die neue Lage in Syrien: Am Montag hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) alle Asylentscheide für syrische Flüchtlinge sistiert.
Das heisst konkret, dass über Asylgesuche von Personen aus Syrien derzeit nicht entschieden werden kann.
Der Grund dafür laut dem SEM: Es könne aktuell nicht fundiert prüfen, ob Asylgründe vorliegen und ob eine Wegweisung zumutbar wäre.
«Asylgesuche können natürlich nach wie vor gestellt werden», sagt SEM-Sprecherin Magdalena Rast zu Nau.ch.
Bis die Lage neu beurteilt werden kann, bleiben Betroffene im Asylverfahren und damit als vorläufig Aufgenommene in der Schweiz.
Zwölf neue Gesuche aus Syrien seit Freitag
Neueste Zahlen gibts von Ende Oktober. Es «sind rund 500 Personen aus Syrien im Verfahrensprozess,» erklärt Rast.
Seit letztem Freitag – also kurz vor der Sistierung – seien zwölf neue Asylgesuche von Menschen aus Syrien eingegangen.
Rast zufolge kann aber nicht genau bestimmt werden, ob es sich dabei um neue Gesuche handle. Möglicherweise sind darunter auch ältere Gesuche, die erst in diesen Tagen verbucht wurden. Sie könnten in den 500 also bereits enthalten sein.
Gemäss Rast leben 6074 Personen aus Syrien mit einer vorläufigen Aufnahme in der Schweiz.
Zum Vergleich: In Deutschland stellten zwischen Januar und November 2024 laut Behördenangaben rund 72'000 Syrerinnen und Syrer einen Erstantrag auf Asyl. Ende Oktober lebten über 321'000 Menschen aus Syrien als Flüchtlinge in Deutschland.
Flüchtlings-Organisationen kritisieren SEM-Entscheid
«Solange die Entscheide sistiert sind, ändert das nichts am Status der vorläufigen Aufnahme», sagt SEM-Sprecherin Rast. Betroffene dürfen trotz Sistierung also vorübergehend bleiben.
Dennoch: Der Entscheid des SEM sorgt für Kritik.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe schreibt in einer Mitteilung, die Sistierung bringe mehr Probleme mit sich, als sie löse. Sie habe «für die Betroffenen zur Folge, dass ihre Zukunft in der Schweiz sehr unsicher ist».
So dürfen sie laut der Flüchtlingshilfe nicht arbeiten und erhalten keinen Zugang zu Integrationsmassnahmen. Da nicht absehbar sei, wie rasch sich die Lage in Syrien stabilisiert, könne dies Monate, wenn nicht Jahre dauern.
«Unsicherheit und Perspektivlosigkeit»
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Schweiz übt Kritik.
In einer Mitteilung schreibt sie: «Bis das SEM seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen kann, dürfen Schutzsuchende nicht mit Unsicherheit und Perspektivlosigkeit alleingelassen werden.»
Die Sistierung führe dazu, «dass die betroffenen Geflüchteten in völliger Ungewissheit leben müssen».
Ihre Perspektiven auf ein sicheres Bleiberecht würden damit verzögert oder gar infrage gestellt. «Derartige Massnahmen setzen die Betroffenen massivem Druck aus und schaffen ein Klima der Angst.»
Flüchtlingshilfe warnt: Rückführung wäre verfrüht
Schon kurz nachdem der Umsturz in Syrien bekannt wurde, forderten erste Schweizer Politiker eine sofortige Rückführung.
Davon wären laut der Flüchtlingshilfe 28'000 Menschen betroffen – so viele Syrerinnen und Syrer leben in der Schweiz.
Diese Forderung findet die Organisation völlig verfrüht. «Die Bedingungen für eine sichere Rückkehr sind zurzeit nicht erfüllt.» Der Sturz des brutalen Diktators Assad sei noch längst kein Garant für Sicherheit und Frieden.
Trotzdem: Einige Syrerinnen und Syrer in der Schweiz denken bereits über eine Rückkehr nach.