Jetzt kämpft Marko Kovic gegen «Pandemie des Hasses»

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Zürich,

In der Krise um das Coronavirus scheint das Gröbste überstanden. Verschwörungstheorie-Experte Marko Kovic zieht Fazit.

street parade
Marko Kovic, Soziologe und Experte für Verschwörungstheorien, äussert sich zum Ukraine-Krieg. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Letzte Woche hat der Bundesrat die Massnahmen gegen das Coronavirus weitgehend aufgehoben.
  • Die Pandemie hatte auch auf die Gesellschaft grosse Auswirkungen.
  • Im Interview mit Nau.ch zieht Sozialwissenschaftler Marko Kovic seine Bilanz der Krise.

Nau.ch: Marko Kovic, wie hat die Pandemie unsere Gesellschaft verändert?

Marko Kovic: Das Wesentliche ist meiner Meinung nach, dass Corona vieles an die Oberfläche gebracht hat: Die Tatsache, dass es Verschwörungstheorien und Hassideologien gibt. Oder dass wir Probleme haben mit Social Media, wo sich Leute in Echokammern bewegen und immer die gleichen Informationen sehen. Da sind wir nun sensibilisierter.

Nau.ch: Wurden wegen Corona mehr Menschen Anhänger von Verschwörungstheorien?

Kovic: Dazu ist die Forschung noch nicht ganz klar, aber was wir beobachten konnten, deutet klar in diese Richtung. Verschwörungstheorien sind explodiert in der Pandemie. Sie haben viele neue Leute angezogen und viele radikalisiert.

Nau.ch: Wie hat sich Ihr Leben als Experte für Verschwörungstheorien während der Pandemie verändert?

Kovic: Es war für mich natürlich speziell, dass ich intensiv an der öffentlichen Debatte teilgenommen habe. Ich teile viel aus, muss aber auch viel einstecken – das ist eine schöne Erfahrung. Was mich aber ein wenig traurig stimmt: Ich erlebe Leute, die mir gegenüber starke negative Emotionen haben und viel Zeit in ihre Wut investieren. Dabei bringt ihnen das nichts, finde ich – sie hätten ein schöneres Leben, wären sie nicht so hasserfüllt. Mir macht es nichts aus. Aber es bestätigt mich in meiner Wahrnehmung, dass wir etwas gegen diese Pandemie des Hasses unternehmen müssen.

Marko Kovic
Sozialpsychologe Marko Kovic ist ob der vielen Gaffern in Zürich wenig überrascht. - kovic.ch

Nau.ch: In den letzten zwei Jahren haben Sie sich stark exponiert. Wie hat zum Höhepunkt der Krise ein Tag in Ihrem Leben ausgesehen?

Kovic: Ich bin selbständig, und das hat sich in der Pandemie noch verfestigt. Mein Büro ist mein Zuhause, mein Tag fängt ziemlich oft mit Lesen an, damit ich auf dem Laufenden bleibe. Auf dem Höhepunkt der Krise sind dann bald Anrufe und E-Mails von Medien eingegangen. Um sie abzuarbeiten, habe ich jeweils schon ein paar Stunden investiert.

Nau.ch: Auf Twitter haben Sie geschrieben, dass Sie mit Ihrem Engagement gegen Verschwörungstheorien kaum etwas verdienen. Wenn nicht Geld – was ist es, was Sie antreibt?

Kovic: Einerseits vielleicht das Bedürfnis, meine Meinung zu sagen. (lacht) Aber andererseits vor allem meine aufrichtige Sorge: Wir haben als Gesellschaft ein Problem mit Verschwörungstheorien. Wir befinden uns an einem Wendepunkt und müssen jetzt darüber sprechen, um es lösen zu können.

Nau.ch: Wird es ruhiger um Sie, wenn Corona vorbei ist?

Kovic: Ich hoffe es! Das «Herumgereicht-werden» in den Medien nimmt auch viel Zeit in Anspruch. Ich werde mich aber nicht aus der öffentlichen Debatte zurückziehen – eigentlich will ich mich noch stärker hinein lehnen.

Nau.ch: Was steht nach Corona für Sie als Nächstes an?

Kovic: Ich muss noch ein Buch fertig schreiben und ich bin dabei, mit Partnerorganisationen ein Projekt gegen Hass aufzugleisen. Zudem möchte ich allgemein stärker andere Themen einbringen. Über die Pandemie haben wir viel geredet, aber andere Krisen stehen schon vor der Tür.

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