Journalist wegen Verleumdung von Tariq Ramadan vor Gericht
Ein Journalist der Zeitung «Le Point» muss sich wegen Verleumdung und übler Nachrede gegen Tariq Ramadan in Genf vor Gericht verantworten.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Journalist von «Le Point» musste am Mittwoch vors Genfer Polizeigericht.
- Grund dafür ist ein Artikel aus dem Jahr 2018 über Tariq Ramadan.
- Es hiess, der Islamwissenschaftler soll sexuelle Beziehungen zu Schülerinnen gehabt haben.
Ein für die französische Wochenzeitung «Le Point» arbeitender Journalist hat sich am Mittwoch vor dem Genfer Polizeigericht wegen Verleumdung und übler Nachrede gegen den Schweizer Islamwissenschaftler Tariq Ramadan verantworten müssen. Er plädierte auf Freispruch. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Der Fall betrifft einen Artikel, der im November 2018 auf der Website von «Le Point» erschienen war. Gestützt auf einen Bericht des Genfer Staatsrats schrieb der Journalist darin, dass Ramadan während seiner Zeit als Lehrer an einer Genfer Schule sexuelle Beziehungen zu einigen seiner Schülerinnen gehabt habe.
Der Bericht der Regierung bestätige diese Anschuldigung jedoch in keiner Weise, betonten Yaël Hayat und Guerric Canonica, die Anwälte von Ramadan. Das Audit des Staatsrats zeige vielmehr, dass die angeblichen Gerüchte über den sexuellen Missbrauch von Schülern unbegründet seien, so Hayat.
Fehler bei Zitaten
Vor dem Richter räumte der Journalist ein, dass er bei den Zitaten in seinem Artikel Fehler gemacht habe. Die Verwendung von Anführungszeichen könne den Eindruck erwecken, dass es sich um Auszüge aus dem Prüfungsbericht handle, was aber nicht der Fall sei. In Wirklichkeit handle es sich um Aussagen von Personen, die den Bericht vollständig gelesen hätten.
Er hätte dies klar deklarieren müssen, aber er stehe zu den Tatsachen, sagte der Journalist. Ihm zufolge wurden nach dem Erscheinen seines Artikels mehr als 60 Artikel veröffentlicht, die alle in die gleiche Richtung gingen: «Alle fanden, dass dieser Bericht des Staatsrats für Tariq Ramadan vernichtend war.»
Der Islamwissenschaftler, der bei der Anhörung das Wort ergriff, vertrat die Ansicht, dass der Journalist, der seit langem auf seine Person «fixiert» gewesen sei, dieses Mal die Grenzen überschritten habe. In dieser Angelegenheit «werden der Genfer Regierung Äusserungen unterstellt». Es handle sich um «Manipulation und Lüge».
Ramadan forderte vom Polizeigericht einen symbolischen Franken für den erlittenen moralischen Schaden.
Der 60-jährige Islamwissenschaftler war am Mittwoch in der Rolle des Klägers. In Frankreich hat er die umgekehrte Rolle. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Vergewaltigung von vier Frauen. Eine Anzeige einer Frau wegen Vergewaltigung wird auch in Genf untersucht.