Jugendpsychologe findet Kinder an Klimastreik oder 1. Mai heikel
Mitten in der 1. Mai-Demo schrien auch einige Kinder für ihr Anliegen. Auch am Klimastreik liefen sie schon mit. Doch ab wann wird ein Kind instrumentalisiert?
Das Wichtigste in Kürze
- An der 1. Mai Demo in Zürich liefen auch einige Kinder der Gruppe «Rote Falken» mit.
- Auch an den Klimastreiks sind schon Kinder mitgelaufen.
- Jugendpsychologe Allan Guggenbühl findet es problematisch, Kinder an Demos zu bringen.
Klima-Aktivistin Greta Thunberg wird immer wieder Instrumentalisierung durch Eltern oder grüne Eliten vorgeworfen. Dasselbe wird auch Schülern des Klimastreik in der Schweiz vorgehalten.
Sogar noch jünger waren die Teilnehmer an der 1. Mai Demonstration in Zürich. Die sozialistische Kinder- und Jugendgruppe «Rote Falken» hat bereits 4- bis 6-Jährige bei sich.
Untypisch und undemokratisch
Eine Gruppenleiterin versicherte zwar, die Kinder würden über ihr Engagement selber entscheiden. Doch Jugendpsychologe Allan Guggenbühl ist skeptisch: «Ich finde es problematisch. Sie machen einfach an der Demonstration mit, ohne sich wirklich damit auseinander zu setzen. Das ist DDR-Mentalität!»
Es sei nichts einzuwenden, wenn Eltern Kinder in einer Demonstration mitnehmen. «Solange sie nicht einsetzen um eine politische Botschaft über das Kind zu vermitteln.»
Man kenne diese Instrumentalisierung der Kinder aus Zeiten der DDR oder China. «In der Schweiz hatten wir bisher Abstand davon, denn es ist undemokratisch.» Es gäbe zwar Familien, bei denen würden Protestmärsche zur Tradition gehören. Doch grundsätzlich solle man Kinder in dem Alter zwar sensibilisieren, «aber man sollte sie nicht instrumentalisieren.»
Zu starke Instrumentalisierung wirkt kontraproduktiv
Für Guggenbühl ist die Teilnahme von Kindern an einer Demonstration der falsche Weg der Erziehung. «Man vermittelt eine kategorische Haltung, dass diese Meinung die richtige sei.» Vielmehr solle man Kinder im jungen Alter vermitteln, dass es Debatten gäbe. «Kinder haben ein Recht, ihre eigene Meinung durch Diskussionen zu bilden und Demos sind keine Diskussionen!»
Dasselbe gelte sowohl für Vereine, wie auch Familien. Denn das Paradoxe sei: «Wenn Eltern ihre Kinder zu fest instrumentalisieren, vertreten sie später meistens nicht dieselbe Haltung. Oder sie sprechen sogar gegen die Eltern», und würden beispielsweise entgegen deren Haltung der Armee beitreten.
Kinder sollen über Klimastreik oder Geschlechterrollen diskutieren
Sobald die Kinder 11 oder 12 Jahre alt werden, sei es etwas anderes. «Da haben sie langsam ihre eigene Meinung, davor ist es eine Instrumentalisierung.» Doch fest stehe, dass sich Kinder schon mit den Geschlechterrollen auseinandersetzen, wie an der 1. Mai Demo.
Nur seien diese Rollen etwas, «was Kinder in verschiedenen Phasen der Kindheit entdecken. Die laufende politische Debatte übersteigt die kindliche Entwicklungsstufe.»
Dennoch sollte man das Thema, ebenso wie beispielsweise die Debatte um den Klimastreik, mit den Kindern aufnehmen und diskutieren. Doch wie sie das Plakat am 1. Mai Umzug hochhalten würden, «wirkt fast lächerlich.»