Kinder zu dick: Winterthurer Schulleiter verbietet Cola und Co.
Zuckergetränke, Süssigkeiten und Bewegungsmangel: Das alles führt zu Übergewichtigkeit. Betroffen sind hierzulande vor allem Kinder in Winterthur.
Das Wichtigste in Kürze
- Kinder in Winterthur sind häufiger übergewichtig als andere in der Schweiz.
- Schulleiter und Politiker sagen, schlechte Ernährung und Bewegungsmangel seien Schuld.
- Was tun Schulen, um dem negativen Trend entgegenzuwirken?
Jedes fünfte Kind in Winterthur ist übergewichtig. Damit liegt die Stadt über dem Durchschnitt der anderen Schweizer Städte.
Das geht aus einem Arbeitspapier der Gesundheitsförderung hervor. Oberstufen-Schüler sind besonders betroffen – 24,1 Prozent sind übergewichtig, 5,8 Prozent sogar adipös.
Warum, ist unklar. Der Anstieg könnte auf den Bewegungsmangel in der Pandemie zurückzuführen sein, findet die Vorsteherin des Departements Schule und Sport Martina Blum. Örtliche Erzieher glauben allerdings, dass das Problem viel älter ist.
Kinder allumfassend bilden hilft
So etwa Sabine Kully, Schulleiterin der Rudolf Steiner Schule in Winterthur. Wie sie gegenüber Nau.ch erklärt, sieht sie in der Entwicklung ein gesellschaftliches Problem. Es bestehe schon seit gut 20 Jahren.
Ihre Schülerinnen und Schüler würden aufgrund ihrer «ausgewogenen, viel umfassenden Bildung» weniger darunter leiden als manch andere Winterthurer. Die Lehrpläne der Rudolf Steiner Schule seien stark der Gesundheit gewidmet. Aber Kully kennt die Statistiken.
Und gerade deshalb bietet die Rudolf Steiner Schule sowohl einen regulären Sportunterricht als auch Kurse wie Eurythmie oder Yoga an. Ernährungstechnisch würden die Schüler bereits im Kindergarten unterrichtet.
Im Mittelpunkt stehe dabei eine gute Eltern-Lehrer-Beziehung. Das Thema Gesundheit müsse von beiden Gruppen behandelt werden. «Diese dürfen sich nicht widersprechen, sondern müssen als Team arbeiten», sagt Kully. «Sonst verlieren am Ende nur die Kinder».
Die üblichen Verdächtigen
Roger Frei, Schulleiter der Freien Schule Winterthur, gibt den «üblichen Verdächtigen» die Schuld. Heisst: Zuckergetränke, Süssigkeiten und Bewegungsmangel – Letzteres vor allem wegen hoher Bilderschirmzeit. Trotzdem sieht er sich und seine Mitarbeiter in der Verantwortung, auf Gesundheitsförderung zu achten.
Im Schulhaus und auf dem Pausenreal darf als Gegenmassnahme nur Wasser getrunken werden. Die Ernährung der Kinder ist allerdings etwas schwieriger zu kontrollieren, wie Frei sagt. «Einige haben als Pausensnack Schokoriegel und Butterbretzel dabei, andere wiederum Äpfel und Darvida.»
Tieferes Einkommen als in Zürich
Die Zürcher Nationalrätin Yvonne Bürgin (Mitte), die früher in der Schulpflege tätig war, lobt die Bemühungen der Schulen in Winterthur. Mit drei Sportlektionen werde schon viel unternommen, sagt sie.
Auch Sportvereine erfüllen laut ihr eine wichtige Aufgabe: «Damit Kinder sich in der Freizeit oft und gerne bewegen und weniger Bildschirmzeit haben». Letzteres ist Bürgins Meinung nach einer der vielen Gründe für den ungesunden Trend.
SVP-Politiker Daniel Wäfler vermutet, dass der Trend in Winterthur insgesamt «mit dem leicht höheren Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund und mit etwas tieferen Einkommen als etwa in Zürich zu tun hat.»
Den feinen Unterschied dürften günstigere Wohnungen und Lebenskosten ausmachen.
Sind beide Eltern erwerbstätig oder müssen sie preissensibel einkaufen, könne das ausgewogene Kochen etwas zu kurz kommen. «Fertigprodukte oder Fastfood dürften dann zu etwas mehr Übergewichtigen führen als im Landesdurchschnitt», so Wäfler weiter.
Grundsätzlich ist Wäfler der Meinung: «Einen Apfel am Tag sollten sich alle leisten können. Und dafür vielleicht auf ein Zuckergetränk verzichten.»