Klimawandel wird beim Fliegen nicht nur durch CO2 beeinflusst
Das Wichtigste in Kürze
- Das Parlament sagt «ja» zu einer CO2-Abgabe auf Flugzeugtickets.
- Doch das CO2 ist nicht das einzige Problem, moniert ein deutscher Wissenschaftler.
- Um alle Faktoren zu besteuern, will er Fluggesellschaften auf alternative Routen locken.
- Dafür hat er ein preisgekröntes Konzept für eine Klima-Maut erarbeitet.
Klimaaktivistin Greta Thunberg bewegt die Jugendlichen zu Klimademonstrationen. Ennet dem Atlantik den US-Präsidenten zu diskriminierenden Tweets und das hiesige Parlament zu wegweisenden Klima-Entscheiden.
Letzte Woche sagte der Nationalrat deutlich «Ja» zur Einführung einer Flugticketabgabe. Er stimmte damit einer Motion von GLP-Nationalrat Jürg Grossen zu.
Heute sagte auch der Ständerat Ja zu einer Flugticketabgabe zwischen 30 und 120 Franken. Je nach Klasse und Reisedistanz. Knapp die Hälfte der so generierten Einnahmen soll dem Klimaschutz zugeführt werden.
Klimawandel nicht nur von CO2 abhängig
Allerdings: Die Wirkung des Flugverkehrs auf das Klima wird nur etwa zu einem Drittel durch CO2 verantwortet. Der Rest wird von anderen Emissionen wie Wasserdampf und Russ beeinflusst. Diese wiederum variieren je nach Wetterlage, Temperatur und Flughöhe.
Nur das CO2 zu besteuern, macht darum laut dem Ingenieur Malte Niklass wenig Sinn. «Man darf nicht nur auf die CO2-Menge schauen, sondern muss auch den Ort und Zeitpunkt berücksichtigen.» So der Wissenschaftler gegenüber der «Zeit».
Fliegen kann Klimawandel gar bremsen
Das heisst: Der Klima-Schaden variiert je nach Flugroute. In kalten und feuchten Luftschichten werden Kondensstreifen zu Zirruswolken. Diese verstärken die Klimaerwärmung.
Manchmal können die Stickoxide aus dem Jet-Triebwerk dagegen gar Gutes tun. Je nach Flughöhe und Temperatur führen sie nämlich zu einem Abbau von Methan in der Atmosphäre. Das tut dem Klima wohl, da es der Erwärmung entgegenwirkt.
Klimaschaden hängt von Flugroute ab
Mit anderen Worten: Der Schaden liesse sich arg begrenzen, ohne dass Reisefreudige ganz auf das Fliegen verzichten müssen. Bisher lohnte es sich für Fluggesellschaften allerdings nicht, auf klimafreundliche Routen auszuweichen.
Erstens bedeutet das Anpassen der Flugroute einen enormen Mehraufwand. Zweitens variieren die Überfluggebühren je Land, welches überflogen wird.
Überfluggebühren sind eine Art Steuer, die Fluggesellschaften an alle Länder zahlen, durch deren Luftraum sie fliegen. Je nach Route variieren darum die Überfluggebühren, auch wenn das Ziel gleich bleibt.
Mit Maut gegen den Klimawandel
Fluggesellschaften, dachte sich Ingenieur Niklass, müssten also zum Anpassen ihrer Flugroute verleitet werden. Am Hamburger (DE) Institut für Luft- und Raumfahrt hat er darum ein Flugsteuer-Konzept für Airlines erarbeitet.
Direkt gekoppelt an die Überfluggebühr, die so oder so bereits entrichtet werden muss, hat er eine Klima-Maut berechnet. Wer eine klimafreundliche Flugroute wählt, bezahlt wenig oder gar nichts. Wer eine klimaschädliche Route befliegt, muss das dicke Portemonnaie zücken.
Kosten würden dabei in erster Linie für die Fluggesellschaften anfallen. Denn das Bezahlungssystem für die Maut besteht dank der Koppelung mit Überfluggebühren bereits. Ob die Fluggesellschaften die Maut übernehmen, oder auf ihre Kunden abwälzen, bliebe ihnen überlassen.