Liechtenstein stimmt ab über Volkswahl der Regierung
In Liechtenstein wird am 25. Februar über einen Systemwechsel abgestimmt. Die Regierung soll künftig vom Volk statt vom Parlament gewählt werden.
Die Liechtensteiner Stimmbevölkerung entscheidet am 25. Februar an der Urne über einen Systemwechsel bei der Bestellung der Landesregierung. Eine Volksinitiative fordert neu die Wahl der Regierung durch das Volk statt wie bisher durch das Parlament. Regierung und Parlament warnen vor einem «gefährlichen Experiment mit einem bewährten System».
Die Volksinitiative «Einbezug des Volkes bei der Bestellung der Regierung» wurde von der kleinen Partei Demokraten pro Liechtenstein lanciert. Die Initiative fordert, dass der Regierungschef und die vier weiteren Regierungsmitglieder von der Bevölkerung direkt gewählt werden. Ein ähnliches Wahlsystem ist bekannt aus den Schweizer Kantonen.
Dem liechtensteinischen Parlament, dem Landtag, käme nur noch die Aufgabe zu, dem gewählten Regierungsteam das Vertrauen auszusprechen und es dem Landesfürsten zur Ernennung vorzuschlagen.
Die Volkswahl der Regierung soll das 1921 in der Landesverfassung verankerte Prinzip der gemeinsamen Regierungswahl durch das Parlament und den Fürsten ersetzen. Dieses sieht vor, dass Regierungskandidatinnen und -kandidaten zwar eine Art von öffentlichen Wahlkampf durchführen, dann aber vom Landtag bestimmt und vom Fürsten ernannt werden.
Die Machtverteilung im Parlament wird im bestehenden System in der Regierung wiedergegeben. Wird eine Koalitionsregierung aus zwei politischen Parteien gebildet, ist es üblich, dass ein Mitglied der im Landtag stärkeren Partei das Amt des Regierungschefs bekleidet und ein Mitglied der schwächeren Partei das Amt des Regierungschefs-Stellvertreters übernimmt.
Für den Fürsten würde sich bei einem Systemwechsel zur Volkswahl wenig ändern. Ihm bliebe in der «konstitutionellen Erbmonarchie auf demokratisch-parlamentarischer Grundlage» das Recht, Regierungsmitglieder zu ernennen oder abzulehnen – seien diese vom Landtag bestimmt oder vom Volk gewählt. Der Fürst könnte weiterhin die Regierung absetzen oder den demokratisch gewählten Landtag auflösen und Neuwahlen erwirken.
Die Demokraten pro Liechtenstein werben mit dem Ausbau der demokratischen Volksrechte für den Systemwechsel. «Unsere Demokratie wird gestärkt», schreiben sie in der offiziellen Abstimmungsbroschüre. Der Wunsch nach einer Direktwahl der Regierung bestehe in der Bevölkerung schon lange.
Durch die Volkswahl vergrössere sich die Distanz zwischen Regierung und Landtag. «Dadurch kann der Landtag die Handlungen der Regierung kritischer beleuchten», sind die Demokraten pro Liechtenstein überzeugt.
Die anderen drei im 25-köpfigen Landtag vertretenen Parteien sind gegen einen Wechsel. Der Landtag sprach sich mit 22 zu 2 Stimmen klar gegen das Begehren aus. Auch Erbprinz Alois und die Regierung empfehlen, die Initiative abzulehnen. Sie bezeichnen die Direktwahl als «gefährliches Experiment mit einer bewährten Staatsform» unter der das Fürstentum zu einem reichen Land geworden sei.
«Die Auswirkungen der Initiative auf die politische Stabilität, den Staatsaufbau und die Handlungsfähigkeit des Staates sind nicht vorhersehbar», betont die Regierung in der Abstimmungsbroschüre. Befürchtet werden etwa politische Blockaden, wenn in der Regierung andere Mehrheitsverhältnisse herrschen als im Landtag.
Die Gegner sind sich einig, dass eine vom Volk bestellte Regierung gegenüber dem Landtag deutlich gestärkt würde und ein direkt gewählter Regierungschef gegenüber dem Fürsten.
«Das Konfliktpotenzial zwischen Fürst und Regierung sowie Landtag und Regierung steigt, was zur erwähnten Gefahr von politischen Instabilitäten führt», sagte Erbprinz Alois, der als Stellvertreter des Fürsten die Staatsgeschäfte führt, in einem Interview mit dem «Liechtensteiner Vaterland».
Er sei zuversichtlich, dass die Bevölkerung die Gefahr erkennen und die Initiative ablehnen werde, erklärte der Erbprinz im Interview. Sollte das Volksbegehren dennoch angenommen werden, könnte der Erbprinz es mit seinem Veto-Recht aushebeln. Ein Veto könne man nie ausschliessen, aber es sei «nicht wahrscheinlich», sagte dazu Alois von und zu Liechtenstein.