Linke fordert Ende von Kriegsmaterial-Exporten in Türkei
Das Wichtigste in Kürze
- Die Türkei hat in Nordsyrien eine Offensive gestartet.
- Norwegen hat in der Folge verkündet, keine neuen Anträge für Waffenexporte zu bearbeiten.
- Schweizer Politiker blasen ins selbe Horn.
Seit Mittwoch läuft in Nordsyrien eine türkische Invasion. Die türkische Armee geht dabei gegen die kurdische Miliz YPG vor, die massgeblich am Kampf gegen den Islamischen Staat beteiligt war. Anlass war der US-Truppenabzug in Syrien. In der Folge verkündete Norwegen, sämtliche neuen Rüstungsexporte in die Türkei zu stoppen.
Es werden keine neuen Anträge bearbeitet, bestehende Bewilligungen werden überprüft. In der Schweiz werden ähnliche Forderungen hervorgebracht. Denn: 2018 hat die Schweiz für insgesamt 95'925 Franken Kriegsmaterial in die Türkei geliefert.
Jedoch wurden 2017 härtere Regeln eingeführt, da sich damals die Lage zuspitzte und das Kriterium eines «internen bewaffneten Konflikts seither erfüllt wird». Dies schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).
Ersatzteile werden geliefert
Damit ist die Bewilligung neuer Ausfuhrgesuche grundsätzlich ausgeschlossen. Das Seco: «Möglich bleibt die Lieferung von Ersatzteilen zu bereits geliefertem Kriegsmaterial und von einzelnen Hand- und Faustfeuerwaffen für den Privatgebrauch durch Diplomaten.»
2018 wurden primär Ersatzteile zu Flugabwehrsystemen in die Türkei versendet. Der Zürcher SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf stösst dies sauer auf: «Jetzt, nach der Offensive in Nordsyrien, ist das Fass voll.»
Die Nationalrätin fordert einen vollen Exportstopp von Kriegsmaterial in die Türkei. Exporte an so ein Land gingen nicht. Seiler Graf: «Die Schweiz trägt so unter anderem einen Reputationsschaden davon.»
Zudem seien solche Exporte nur schwer mit der humanitären Tradition der Schweiz zu verbinden. «Schon alleine der Ausdruck Defensivwaffen, zu dem etwa Flugabwehrsysteme gehören, ist falsch», sagt Seiler Graf.
Anfrage im Parlament geplant
Es gebe nur Waffen, keine «Defensivwaffen». Würden die Exporte wegfallen, sei dies für die Schweizer Wirtschaft zu verkraften. «In der nächsten Session werde ich, sofern ich wieder gewählt werde, eine Anfrage dazu einreichen», sagt Seiler Graf.
Wenig überraschend ist die Parlamentarierin Teil der Korrektur-Initiative. Die Initiative, getragen von einer breiten Allianz, fordert strenge Ausfuhrbestimmungen für Waffenexporte.
Teil des Komitees ist auch BDP-Präsident und Nationalrat Martin Landolt. Er äussert sich weniger drastisch als Seiler Graf, aber: «Auch die Schweiz sollte über die Bücher und sich die Frage stellen, ob ein Verzicht von Rüstungsexporten bis auf Weiteres der unsicheren Lage nicht am besten Rechnung tragen würde.»
Korrektur-Initiative soll Lösung sein
Jedoch sei eine Einschätzung aufgrund der unübersichtlichen Lage noch schwerer geworden, als sie vorher war. «Wenn die Kriterien angewendet würden, welche die Korrektur-Initiative fordert, wäre die Antwort klar: Kein Export in Länder, welche die Menschenrechte verletzen», sagt Landolt.
Er sei grundsätzlich nicht gegen Waffenexporte, es brauche aber klare Kriterien, um der «humanitären Tradition» Rechnung zu tragen, und die nicht im Gegensatz zu den asylpolitischen Anstrengungen der Schweiz stünden.
Laut der UNO wurden durch den neuen Konflikt innert 48 Stunden 70'000 Menschen vertrieben. Laut dem türkischen Aussenministerium wurden 228 «Terroristen» seit Beginn der Offensive getötet.