Mehr Rüpel-Passagiere als je zuvor – brauchts ein Alkoholverbot?

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Zürich,

Schweizer Airlines verzeichneten 2024 so viele aggressive Passagiere wie nie. Oft ist Alkohol im Spiel. Muss der Ausschank an Bord eingedämmt werden?

Unruly Passenger
Die Zahl sogenannter Unruly Passengers ist im letzten Jahrzehnt tendenziell gestiegen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • 2024 gab es in der Schweiz so viele renitente Passagiere wie noch nie: 1730 Fälle.
  • Häufige Verstösse waren Befehlsverweigerung, Beleidigungen und Alkohol- oder Drogenkonsum.
  • Die Airlines lehnen ein Alkoholverbot ab und setzen auf Deeskalation und Schulungen.

Schweizer Fluggesellschaften hatten im vergangenen Jahr mit so vielen renitenten Passagieren zu kämpfen wie noch nie. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) zählte 1730 Fälle – ein Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Selbst 2019, dem letzten Jahr vor der Pandemie, lag die Zahl der sogenannten «Unruly Passengers» tiefer (1357). Dies berichtete «CH Media».

Saufen, Rauchen und Fluchen

Am häufigsten widersetzten sich Passagiere den Anweisungen des Flugpersonals (432 Meldungen).

Weitere häufige Verstösse waren verbale Entgleisungen gegenüber dem Kabinenpersonal (360), das Missachten des Rauchverbots (308) sowie Alkohol- und Drogenkonsum (201).

In rund 100 Fällen kam es sogar zu Gewalt. 2024 verhängte das Bazl 142 Bussen zwischen 400 und 1000 Franken.

Besonders drastisch war ein Vorfall im Frühling: Wegen eines aggressiven Fluggastes musste der Swiss-Flug LX19 von New York nach Zürich kurz nach dem Start umkehren.

Der 43-jährige Belgier hatte eine Flugbegleiterin sexuell belästigt, das Cockpit zu stürmen versucht und auf Crew-Mitglieder eingeprügelt. Nach der Landung in New York wurde er von der Polizei abgeführt.

Steigende Unruly-Tendenz bei der Swiss

Dass ein Flug wegen eines ausfälligen Passagiers nicht planmässig durchgeführt werden könne, sei äusserst selten, schreibt die Swiss gegenüber Nau.ch.

2024 sei es in diesem Zusammenhang ein einziges Mal zu einer ausserplanmässigen Landung gekommen – eben im Fall von LX19.

Sprecher Michael Pelzer merkt zudem an, dass der Anteil renitenter Passagiere bei der Swiss im letzten Jahr kein Allzeithoch erreichte.

«Der Wert ist zwar höher als 2023, gleichzeitig aber tiefer als in den Jahren 2020, 2021 und 2022.»

Hast du bei einem Flug schon mal einen renitenten Passagier miterlebt?

Über die letzten zehn Jahre gesehen, sei die Tendenz aber auch bei der Swiss steigend. Zu den Gründen könne man jedoch «keine belastbare Einschätzung liefern», so Pelzer.

Auch zur Zahl der Anzeigen und Flugverbote gibt die Swiss keine Auskunft. Flugverbote gegen Passagiere würden jedoch «äusserst selten» erlassen.

Die meisten Fälle beträfen zwar oft störendes Verhalten, eine direkte Gefahr für die Flugsicherheit bestehe aber nicht, sagt Pelzer.

Edelweiss: 10 Flugverbote im letzten Jahr

Offener mit Zahlen zeigt sich die Swiss-Schwester Edelweiss. «2024 hat Edelweiss zehn Flugverbote zwischen ein und fünf Jahren ausgesprochen», so Sprecher Andreas Marti.

Seit der Aufhebung der Covid-Massnahmen seien Fälle mit renitenten Passagieren bei Edelweiss mehr oder weniger stabil geblieben.

Sollte der Alkoholausschank an Bord eingeschränkt werden?

Schwerwiegendere Fälle müssen von Gesetzes wegen dem Bazl gemeldet werden, so Marti. Das Amt erstatte dann eine Anzeige.

Zu den Unruly-Vorfällen sagt der Mediensprecher: «Vielfach ist Alkohol im Spiel, oftmals auch in Verbindung mit Medikamenten oder anderen Substanzen.»

«Wir vertrauen auf die Besonnenheit unserer Fluggäste»

Wäre es also an der Zeit, über ein Alkoholverbot an Bord oder zumindest eine Beschränkung nachzudenken?

Die Airlines winken ab. Damit würde man «die grosse Mehrheit unserer Gäste bestrafen, welche im vernünftigen Rahmen Alkohol konsumiert», sagt Marti.

Swiss-Sprecher Pelzer pflichtet bei: «Wir vertrauen grundsätzlich auf die Besonnenheit unserer Fluggäste und machen damit insgesamt sehr gute Erfahrungen.»

Sicherheit an Bord habe zu jedem Zeitpunkt oberste Priorität, sagt Pelzer. Eine Gefährdung des Luftverkehrs müsse unter allen Umständen verhindert werden.

«Wir trainieren und sensibilisieren sowohl unser Boden- als auch unser Kabinenpersonal regelmässig, auffällige Passagiere bereits vor dem Flug zu identifizieren.»

Der wichtigste Grundsatz sei Deeskalation, fügt Edelweiss-Sprecher Marti hinzu: «Falls dies nicht gelingt, werden Verwarnungen ausgesprochen, bei totaler Eskalation sind die Crews geschult, Passagiere festzusetzen.»

Kommentare

User #5428 (nicht angemeldet)

Es gibt heute viel mehr psychisch auffällige Menschen. Das ist unsere Gesellschaft. Hut ab, wer es schafft normal zu bleiben!

User #3624 (nicht angemeldet)

Der Alkohol ist zum Glück keine Droge...es gibt einen Rausch und es ist Gift. Aber es ist kein Rauschgift......Logik ;)

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