Missbrauchsskandal: 2023 doppelt so viele Kirchenaustritte wie 2022
Austritte aus der katholischen Kirche in der Schweiz haben sich 2023 verdoppelt.
2023 sind in der Schweiz doppelt so viele Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten wie 2022 und in den Vorjahren. Damit bestätigte sich die Prognose, wonach es aufgrund der Berichte über Missbrauchsfälle zu massenhaften Austritten kommt, wie das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) am Donnerstag mitteilte. Das Institut aus St. Gallen bezifferte die Zahl der Austritte auf 67'497.
2022 waren es 34’561 Austritte gewesen und in den Vorjahren jeweils etwa gleich viele. Über die gesamte Schweiz gesehen betrug die Austrittsquote der römisch-katholischen Kirche im vergangenen Jahr 2,6 Prozent. Dabei blieben die Gläubigen ihrer Kirche in den Kantonen Genf, Wallis, Neuenburg und Waadt treu. Dort zählte das SPI praktisch keine Austritte.
Kantone ohne formale Mitgliedschaft verzeichnen keine Abgänge
Das ist aber auf eine andere Organisationsstruktur der dortigen Kirchen zurückzuführen. Diese Kantone kennen keine formale Kirchenmitgliedschaft und keine Kirchensteuer. So kann auch niemand aus der Kirche austreten.
Rechnet man diese Kantone heraus, ergibt sich eine Austrittsquote von 3,1 Prozent nach 1,6 Prozent 2022. Die gleiche Tendenz zu vermehrten Austritten nach Veröffentlichung der Missbrauchsberichte zeigte sich den Angaben zufolge auch in Deutschland. Anteilsmässig die höchsten Austrittsquoten zeigten sich in den Kantonen Aargau und Solothurn mit je 4,6 Prozent gefolgt von Basel-Stadt mit 4,5 Prozent.
Auch bei Reformierten steigen die Austritte
Insgesamt zählte die römisch-katholische Kirche in der Schweiz Ende 2023 noch etwa 2,8 Millionen Mitglieder. Den Evangelisch-Reformierten kehrten im vergangenen Jahr 39'517 Mitglieder den Rücken.
Auch diese Zahl lag gemäss dem SPI höher als im Vorjahr (30'393) und den vorangegangenen Jahren (2021: 28’798, 2020: 27’191 Personen). Die Mitgliederzahl der evangelisch-reformierten Kirche lag damit Ende 2023 bei rund 1,86 Millionen Menschen.