Multimediale Van Gogh-Show macht in Lugano Halt
Kunst für alle Sinne verspricht die multimediale Ausstellung «Van Gogh Alive - The Experience». Das Centro Esposizioni in Lugano lädt dazu ein, in grossflächig projizierte Motive einzutauchen.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer sich Zeit nehmen möchte für die Bilder van Goghs ist hier am falschen Ort.
Kaum hat man den schwarz verkleideten Raum betreten, werden rundherum Bilder projiziert: Links ein Selbstbildnis, rechts eine winterliche Landschaft, weiter hinten eine selten gesehene Stadtszene.
Selbst der Boden ist hier eine Leinwand. Unsichtbare Laserprojektoren werfen dem Besucher zu den Bildern passende Videoaufnahmen zwischen die Füsse. Eine davon zeigt einen blühenden Baum, dessen Äste im Wind schaukeln. Insgesamt haben die Ausstellungsmacher über 3000 Bilder aufbereitet.
Für das Auge ist die multimediale Rundum-Show rasch zu viel. Kaum hat man begonnen, ein Bild zu betrachten, zoomt die im Hintergrund agierende Maschine in ein Detail oder lässt das Bild wieder wegwischen.
Am oberen Rand der Leinwand leuchten ab und an Gedankenfetzen des Künstlers auf. «I wish they would only take me as I am» steht da geschrieben. Ein Satz, dessen Aussage durch die nervös bewegten Projektionen, die grellen Scheinwerfer und die pathetische Musik seltsam verstärkt wird.
Die Show «Van Gogh Alive» lehnt sich nicht zufällig ans Kinoerlebnis an. Ein Dolby-Surround-System sorgt für kräftige Töne, 35 Laserprojektoren und 1500 Quadratmeter schwarzer Stoff ermöglichen es, den Besucher «komplett in Van Goghs vibrierende Farben und intensive Details zu versenken», wie es in der Medienmitteilung heisst.
Konsequenterweise erhält der Besucher kaum schriftliche Informationen zu Leben und Werk Van Goghs. Einige wichtige Stationen seines Schaffens werden im Vorzimmer der Ausstellungssaals beschrieben.
Hier haben die Ausstellungsmacher auch Van Goghs Zimmer in Arles nachgebaut. Hinter einem hölzernen Bett hängt ein mit künstlichen Schmutzrändern versehener Hut sowie drei in schreiendem Blau eingefärbte Überkleider. Im Hauptsaal versuchen kurze, an die Wand projizierte Erklärungen eine Schaffensphase auf den Punkt zu bringen: «Il periodo ollandese è scuro» («Die holländische Periode ist dunkel»).
Manche der von Van Gogh festgehaltenen Szenen werden um Fotografien oder spielerische Lichtprojektionen ergänzt. So stellen die Ausstellungsmacher seinem berühmtem Bild des Strassencafés bei Nacht die Fotografie eines Wasserglases gegenüber. Eine karge Winterlandschaft wird von tänzelnden Schneeflocken aus Licht übersät.
Die Ausstellung «Van Gogh Alive - The Experience» bedient die Lust am Event. Durch das Erleben von starken Emotionen könne Van Goghs Kunst allen möglichen Gesellschaftsschichten zugänglich gemacht werden, erklärte Rob Kirk vor den Medien am Donnerstag. «Van Gogh Alive» solle aber auch das «Interesse an Kunst generell wecken», ergänzte Gemeinderat Roberto Badaracco. Lugano wolle sich je länger je mehr als Kunststadt etablieren.
Kirks Firma Grande Exhibitions zeigt die Van Gogh-Show bereits zum 52. Mal. Das australische Unternehmen möchte Ausstellungen neu definieren, wie es auf seiner Homepage schreibt. Parallel zu «Van Gogh Alive» läuft derzeit in Brasilien eine Show zu Leonardo da Vinci. Auch zu Haifischen und bahnbrechenden Erfindungen hat Grande Exhibitions schon Ausstellungen lanciert.
Weder Kunsthistoriker noch Mitarbeiter der Vincent Van Gogh-Stiftung hätten an der Ausstellung mitgearbeitet, sagte Rob Kirk. «We are story tellers.» Es gehe darum, Kunst auf eine ganz neue Art zu präsentieren. Van Goghs «vibrierende Bilder» seien prädestiniert für diese Art von Schau.
«Van Gogh Alive - The Experience» läuft bis am 19. Januar 2020 in Lugano und ist vom 19. Februar bis 9. April in Zürich zu erleben.