Mutmasslicher Gewalttäter wehrt sich gegen Vorverurteilung

Ein 31-jähriger Mann, der vier Ex-Partnerinnen schwer misshandelt haben soll, ist vom Thurgauer Obergericht zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Weil Beweise fehlten, hob das Bundesgericht das Urteil auf. Nun wird der Prozess wiederholt.

Gericht
Das Bundesgericht hielt am Urteil des Zürcher Obergerichts fest. - Keystone

Wie die Vorinstanz hatte das Thurgauer Obergericht den Mann vor zwei Jahren wegen mehrfacher Körperverletzung, Drohung, Vergewaltigung, Schändung, Gefährdung des Lebens, Erpressung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine stationäre Psychotherapie angeordnet.

Das Bundesgericht rügte, das Thurgauer Obergericht habe den Beschuldigten nicht befragt und ihm so die Gelegenheit verweigert, sich gegen die schweren Vorwürfe zu wehren. Auch die Opfer seien nicht gerichtlich einvernommen worden.

Das Thurgauer Obergericht in alter Besetzung habe seine Pflicht zur Wahrheitsfindung in dem Indizienprozess auf krasse Weise verletzt, sagte der Verteidiger am Mittwoch. Statt den Beschuldigten anzuhören hätten die Richter totales Desinteresse an den Tag gelegt und den 31-Jährigen vorverurteilt.

Die Exfrau hatte den Beschuldigten wenige Monate nach der Heirat angezeigt, weil er sie geschlagen, gewürgt und mit dem Tod bedroht haben soll. Zudem soll er sie gezwungen haben, 250'000 Franken vom Bankkonto ihrer Kinder abzuheben.

Während der Strafuntersuchung kam heraus, dass der Beschuldigte auch gegenüber drei Ex-Partnerinnen massive physische, psychische und sexuelle Gewalt ausgeübt haben soll. Die Opfer sprachen von einem eigentlichen Terrorregime. Der Beschuldigte sei jeweils nur wegen eines falschen Worts oder schrägen Blicks ausfällig geworden.

Der Mann sei extrem eifersüchtig gewesen und habe seine Freundinnen kontrolliert und isoliert - etwa indem er ihnen das Handy wegnahm. Wenn eine Partnerin ihn verlassen wollte, habe er ihr jeweils gedroht, sie auf grausame Art umzubringen, sagte ein Opfervertreter.

Übereinstimmend sagten die Frauen, die Zeit mit ihm sei die schlimmste ihres Lebens gewesen. Laut dem psychiatrischen Gutachten hat der Beschuldigte eine narzisstische und dissoziale Persönlichkeit und verfügt über «machiavellische» Intelligenz. Damit habe er seine Partnerinnen zu seinem eigenen Vorteil manipuliert.

Der Beschuldigte gab zu, dass ihm gelegentlich die Hand ausrutschte. Er habe sich wie eine Cola-Flasche gefühlt, die vor dem Öffnen geschüttelt worden sei. «Er ist immer wieder ausgerastet und hat sich gegenüber seinen Ex-Partnerinnen auf unakzeptable Weise verhalten», sagte sein Verteidiger vor Gericht.

Der stark tätowierte Heavy-Metal-Fan sei aber nicht das Monster, als welches er von Ex-Partnerinnen, Staatsanwaltschaft und Obergericht an den Pranger gestellt werde. Die drogensüchtige Frau habe ihren Ex-Mann angeschwärzt und die andern Ex-Partnerinnen zu Falschaussagen angestiftet.

Die Mutter habe das Vermögen ihrer Kinder selber verprasst und wolle ihrem Ex-Mann die Schuld dafür in die Schuhe schieben. Die vier Frauen hätten sich gegen den Beschuldigten verschworen. Es gebe keine Beweise für die angeblichen Gewaltexzesse. Insbesondere die sexuellen Handlungen, die angeblich gegen den Willen der Frauen geschahen, bestreitet der Beschuldigte.

Wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung und mehrfacher Tätlichkeit verlangt der Verteidiger eine Freiheitsstrafe von maximal 24 Monaten. Zudem solle das Gericht eine ambulante Psychotherapie anordnen, forderte der Verteidiger.

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