Mutmasslicher Giftmörder vor dem bernischen Obergericht
Vor dem bernischen Obergericht wird der Fall eines Mannes verhandelt, der seine Lebenspartnerin vergiftet haben soll. Er akzeptiert den Schuldspruch.
Vor dem bernischen Obergericht sitzt seit Donnerstagmorgen ein Mann, der 2021 seine Lebenspartnerin vergiftet haben soll. In erster Instanz wurde er wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt. Nun überprüft die zweite Instanz das Urteil.
Niemand könne wirklich verstehen, wie dieser durchs Band weg als intelligent, liebenswürdig, hilfsbereit und ruhig beschriebene Mann derart kaltblütig habe handeln können, eröffnete im Januar 2023 die erstinstanzliche Gerichtspräsidentin ihren Urteilsspruch.
Urteil in Erstinstanz: Klarer Fall von Giftmord
Glasklar war für das Regionalgericht hingegen, dass der studierte Informatiker und ehemalige Firmenchef seine ihm überdrüssig gewordene Ehegattin mit einer Überdosis heimlich im Ausland beschafften Gichtmittels aus dem Weg geräumt hatte.
Der Angeklagte machte geltend, er habe seine Frau nicht umbringen, sondern ihr nur eine Lektion erteilen wollen. Dem hielt das erstinstanzliche Gericht entgegen, er habe seiner Frau nicht einfach «ein bisschen viel» des Medikaments in den Tee geschüttet, sondern eine vielfach tödliche Dosis.
Gedächtnislücken wegen Erkrankung
Vor dem bernischen Obergericht hat der in einem Giftmord angeklagte Mann am Donnerstag Gedächtnislücken aufgrund einer Erkrankung geltend gemacht. Er akzeptiere den erstinstanzlichen Schuldspruch wegen Mordes, sagte er. Er müsse eine Wahrheit akzeptieren. Er selber könne nicht mehr genau sagen, was war und was nicht.
Also stelle er auf die Erkenntnisse des erstinstanzlichen Gerichts ab. Diese dienten ihm als Basis. Der Mann leidet an einer limbischen Enzephalitis mit einem mittelschweren Gedächtnisverlust. Dies ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems.
Vor Gericht machte der ehemalige Informatikunternehmer gesundheitlich geschwächten Eindruck. Er sprach haltend und mit leiser, fast zittriger Stimme.
Staatsanwaltschaft will Strafverschärfung
Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag schliesslich eine Strafverschärfung verlangt. Der Mann soll für 18 Jahre und sechs Monate hinter Gitter, lautet die Forderung.
Die Staatsanwältin sprach am Donnerstag in ihrem Plädoyer nicht nur von Mord, sondern von einem Eliminationsmord, den der Mann begangen habe. Der studierte Informatiker habe seine Frau aus dem Weg räumen wollen, weil er eine neue Geliebte gehabt habe. Anstatt sich dem Konflikt einer Trennung oder Scheidung zu stellen, habe er feige «die Delete-Taste» gedrückt.
Er habe sich Monate vor der Tat über Medikamente orientiert, die in hoher Dosis zum Tod führen und diese auch bestellt. Auf seinem Computer habe der Mann einen Browser installiert gehabt, der üblicherweise zum Surfen im Darknet benutzt wird.
Weiter habe der Mann gefühllos seiner Frau beim viertägigen Todeskampf zugesehen und den Ärzten kein Wort gesagt, dass er ihr eine hohe Dosis eines Gichtmittels in einem Kaffee verabreicht hatte.
Stattdessen habe der Mann mit seiner neuen Flamme geflirtet. Nach der Tat habe der Mann gelogen, «dass sich die Balken biegen» und «gnadenlos egoistisch» gehandelt führte die Staatsanwaltschaft aus. Das Vor- und Nachtatverhalten müsse sich strafschärfend auswirken.