Nach Unfall in Baden: SBB-Zugchef (†54) funkte dreimal um Hilfe
Nach dem tödlichen Unfall eines Zugchefs in Baden AG haben die SBB Massnahmen ergriffen. Gemäss Sust besteht in einem Fall weiterhin ein Sicherheitsdefizit.
Das Wichtigste in Kürze
- In Baden kam es im August 2019 zu einem tödlichen Zugunfall.
- Ein Zugchef kam während der Abfahrtsprozedur ums Leben.
- Nun haben die SBB Behördenempfehlungen umgesetzt, die Sust sieht weiterhin ein Risiko.
Nach dem tödlichen Arbeitsunfall eines Zugchefs im August 2019 in Baden AG haben die SBB die Empfehlungen der Behörden umgesetzt. Der Abfahrtsprozess wurde angepasst. Gemäss der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) besteht in einem Fall weiterhin ein «Sicherheitsdefizit».
Technischer Defekt kann zu ungewollter Abfahrt führen
Bei einigen Bahnhöfen wird die Abfahrtserlaubnis für Pendelzugskompositionen mit dem Einheitswagen IV noch mittels Abfertigungsskasten erteilt. Dort sieht die Sust das Restrisiko in ihrem am Dienstag veröffentlichen Schlussbericht zum tödlichen Arbeitsunfall.
In diesen Bahnhöfen erteilt der Zugchef die Abfahrtserlaubnis, bevor er in den Zug einsteigt und seine Türe schliesst.
Wenn ein technischer Defekt bei der Türe vorliege, werde die Türe beim Lokführer als geschlossen rückgemeldet. Dies, obwohl diese noch nicht geschlossen sei, heisst es im Sust-Bericht: «So besteht das Risiko, dass der Zug abfährt, bevor der Zugchef eingestiegen ist, weiterhin.» Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Sust den SBB zu prüfen, ob das Risiko für das Zugspersonal tragbar sei.
Der Bericht zeigt ausserden, dass der Zugführer drei Mal den Lokführer kontaktiert hatte, die Funkinhalte waren aber nicht verständlich.
SBB-Mitarbeitende sollen ohne Zeitdruck arbeiten
Die SBB beurteilten nach eigenen Angaben dieses Restrisiko bei der Einführung des neuen Abfertigungsprozesses. Dieser wurde ab Ende September 2019 angepasst. Mit dem neuen Türblattkontrollschalter werde eine zusätzliche technische Sicherheitsbarriere eingebaut. Damit würden die Türen beim Lokpersonal zuverlässig als «geschlossen» rückgemeldet, halten die SBB in einer Medienmitteilung fest.
Die Sust schreibt in ihrem Schlussbericht auch: Beim für die Türkontrolle vorgesehenen und alle fünf Tage fälligen Instandhaltungsmodul reiche die Zeit nicht aus, alles Notwendige zu kontrollieren. Die SBB weisen darauf hin, dass es sich dabei um Erfahrungswerte handle und nicht um zeitliche Vorgaben.
Die Mitarbeitenden seien angehalten, soviel Zeit wie nötig aufzuwenden, um die Arbeit in der geforderten Qualität ausführen zu können. Die Erkenntnis der Sust seien inzwischen für die Festlegung der Planungswerte dieser Instandhaltungsmodule berücksichtigt worden, halten die SBB fest.
Einklemmschutz der Türe funktionierte nicht
Die SBB weisen zudem darauf hin, nach dem tödlichen Arbeitsunfall seien eine Reihe von Massnahmen eingeleitet worden. Die Sicherheit für Mitarbeitende und Reisende seien so weiter erhöht worden. Man habe «umfassende Lehren» aus dem Unfall gezogen. Die Sust bestätigt in ihrem Schlussbericht, dass die zwei vom Bundesamt für Verkehr (BAV) verfügten Empfehlungen umgesetzt wurden.
Beim Unfall in Baden am 4. August 2019 war um 0:10 Uhr der 54-jährige Zugchef des Interregio Basel-Zürich beim Abfahrtsprozess im Bahnhof eingeklemmt und mitgeschleift worden. Dabei zog er sich tödliche Verletzungen zu.
Der Einklemmschutz funktionierte nicht, wie Sust in ihren Zwischenbericht wenige Wochen nach dem Unfall festhielt. Das Kontrollsystem könne dem Lokführer falsche Informationen anzeigen.