Nachhaltigkeit kann sich lohnen
Seit über 50 Jahren wird Ende April der «Earth day» zelebriert. Das diesjährige Motto lautete «Invest in our planet». In der Wirtschaft gehört inzwischen Nachhaltigkeit nicht mehr zur Ausnahme, sondern zum guten Ton. Aber auch Konsumenten können entscheiden, wo sie investieren.
Das Wichtigste in Kürze
- «Invest in our planet» fordert nicht nur die Webseite von earthday.org, sondern auch die Finanzwelt.
Besonders deutliche Worte findet Larry Fink, Chef des weltgrössten Finanzverwalters Blackrock: «Wir konzentrieren uns auf Nachhaltigkeit, nicht weil wir Umweltschützer sind, sondern weil wir Kapitalisten und Treuhänder für unsere Kunden sind», erklärt Fink in seinem Aktionärsbrief.
Nachhaltigkeit ist inzwischen zur Normalität geworden. «Alles im grünen Bereich», proklamiert Apple, und Google will «einer Milliarde Menschen zu nachhaltigen Entscheidungen» verhelfen. Einige Tech-Unternehmen haben deshalb bereits ihre ethischen Ansprüche erweitert: «Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das nachhaltigste und gerechteste Technologieunternehmen der Welt zu werden», prangt beispielsweise auf der Webseite des Computerherstellers HP.
Stolz verkündet auch Swisscom, dass sie vom Magazin «World Finance» im Jahr 2020 als «nachhaltigstes Telekomunternehmen weltweit» ausgezeichnet wurde. Swisscom dokumentiert ihr Engagement für Nachhaltigkeit auf einem umfangreichen Webportal.
Wer sich in die Nachhaltigkeitsberichte der Tech-Unternehmen einliest, lernt, wie komplex Nachhaltigkeit ist. So beschränkt sich Swisscom in ihren Zahlen schon längst nicht mehr auf Umweltthemen, sondern listet auch auf, wie viele ihrer Lieferanten bezüglich Arbeits- und Menschenrechte von unabhängigen Dritten zertifiziert wurden. Ferner erfährt man, dass man heute mit weniger Strom mehr telefonieren und surfen kann, weil die Technik sparsamer geworden ist.
Ferner konnte der Energieverbrauch aller in Betrieb befindlichen TV-Boxen der Swisscom im Jahr 2021 auf 56 GWh (Vorjahr: 59 GWh) gesenkt werden. Beim gesamten Energieverbrauch erreichte Swisscom innerhalb eines Jahres eine Effizienzsteigerung von 4,7 Prozent.
Dass Nachhaltigkeit auch darin bestehen kann, den Dreck von anderen wegzuräumen, liest man im Nachhaltigkeitsbericht von HP. Bei einem Projekt auf Haiti wurde eine Recycling-Anlage für Plastikabfall installiert. Leere Plastikflaschen werden gewaschen und zu Kunststoffgranulat gemahlen.
Die Menschen vor Ort erhalten zudem auch eine wirtschaftliche Perspektive, indem sie für das Sammeln des Mülls entlohnt werden. Das Projekt hat bisher über 1000 Tonnen Plastik vor dem Weg ins Meer bewahrt. Der Kunststoff wird dann in über 300 HP-Produkten, von Tintenpatronen bis zu Notebook-Bestandteilen, wiederverwendet.
Wie Konsumenten nachhaltig «in den Planeten investieren» können, zeigt eine kürzlich von Greenpeace initiierte Studie zur Lebensdauer von Produkten. Dabei wurde die einfache Frage gestellt, wie viele Ressourcen gespart werden, wenn übliche Produkte doppelt so lange wie bisher genutzt werden.
So werden Smartphones laut der Studie alle 2,3 Jahre ersetzt. Behält man es doppelt so lange, also 4,6 Jahre, reduziert man den CO2-Ausstoss um 56 Prozent. Noch mehr investiert man in die Erde, wenn man seine Kleider länger trägt. Denn diese tragen mit über drei Prozent massgeblich zum gesamten CO2-Ausstoss bei. Trägt man den Pulli sechs statt drei Jahre, reduziert man den textilen CO2-Ausstoss um 43 Prozent.
Das «Länger brauchen» hat inzwischen sogar sein eigenes Festival. Einen Tag nach dem Earth Day treffen sich in Luzern Aktivisten zum «Festival of Second Love». Dort wurde informiert, repariert und Gebrauchtes getauscht.
Will man Elektronik länger benützen, muss man Verschleissteile ersetzen und notfalls Defektes reparieren können. Dies wird von vielen Herstellern erschwert bis verunmöglicht. Auf de.ifixit.com/smartphone-repairability wird aufgelistet, wie gut sich einzelne Handys reparieren lassen. Das Fairphone erreicht die Bestnote 10, weil dort Reparierbarkeit Konzept ist. Apples iPhones bringen es bestenfalls auf Note 6. Samsungs Galaxy Note 20 Ultra patzt mit Note 3, weil sich der Akku kaum tauschen lässt.
Neue Gesetze in der EU sollen nun Hersteller dazu zwingen, bei Geräten die Reparierbarkeit zu vereinfachen und Ersatzteile zu liefern. In der Schweiz wurde mit dem gleichen Ziel am 12. April eine Petition mit über 17'000 Unterschriften eingereicht.