Pierin Vincenz: Prozess um ehemaligen Raiffeisen-Chef geht weiter
Der Prozess rund um den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz geht in den sechsten Tag. Es stehen Plädoyers der Verteidiger zweier Mitbeschuldigter an.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Raiffeisen-Prozess um Pierin Vincenz geht nach einem Monat weiter.
- Es sind Plädoyers der Verteidiger zweier Mitbeschuldigter geplant.
- Am Mittwoch wird die Staatsanwaltschaft auf die Aussagen reagieren.
Der mittlerweile sechste Prozesstag rund um den ehemaligen Raiffeisenchef Pierin Vincenz ist zu Ende. Auf der Agenda standen heute Dienstag die Plädoyers der beiden Verteidiger von Peter Wüst und Andreas Etter. Beide Parteien zerrissen die Beweislage der Staatsanwaltschaft und forderten einen sofortigen Freispruch ihrer Mandanten.
Der Mitangeklagte Peter Wüst konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht am heutigen Prozesstag teilnehmen. Wie sein Anwalt erklärte, leidet er seit Jahren an einer schweren Demenz. Richter Sebastian Aeppli sagte bereits an einem früheren Prozesstag, dass Peter Wüst aufgrund seiner Krankheit nicht verurteilt werden wird.
Ebenfalls abwesend war heute Dienstag auch der Hauptangeklagte Pierin Vincenz. Wie sein Anwalt Lorenz Erni in früheren Tagen erklärte, sei sein Mandat am sechsten Prozesstag leider verhindert. Genauere Umstände seiner Abwesenheit führte der Star-Anwalt nicht aus.
Morgen Mittwoch wird die Staatsanwaltschaft auf die Aussagen der Verteidiger reagieren. In zwei Wochen werden die Verteidiger an zwei Tagen nochmals replizieren können. Damit die angesetzten Verhandlungstage auch sicher ausreichen, hat der vorsitzende Richter allen Beteiligten eine maximale Redezeit vorgegeben.
Die wichtigsten Eckpunkte zum sechsten Prozesstag
18.00: Nun ist Anwalt Peter Nobel an der Reihe. Er vertritt Peter Wüst und Andreas Etter. Nobel will verhindern, dass die beiden Schadensersatz zahlen müssen. Sein 30-minütiges Plädoyer beendet er laut dem «Blick» mit den Worten: «Raiffeisen muss Etter und Wüst viel Geld bezahlen, nicht umgekehrt.»
Damit ist der Prozesstag beendet. Am Mittwoch geht es im Volkshaus um 8.15 Uhr weiter. Zuerst mit der Verteidigung von Stéphane Barbier-Mueller, dann geht es weiter mit den Dupliken und Repliken zu den Plädoyers.
17.30: Borbély beendet sein Plädoyer. Er fordert, dass sein Mandant Andreas Etter freigesprochen und entschädigt wird.
17.14: In seinem Plädoyer erklärt Borbély wiederholt, dass Etter Beat Stocker nicht bestochen habe. Wie der «Blick» schreibt, benutzt er zur Begründung Notizen und Ausschnitte aus Gesprächen.
Es existiere zudem «kein gültiger Strafantrag» der Staatsanwaltschaft. Raiffeisen sei über alle relevanten Vertragsdetails informiert gewesen.
16.32: Nach der Pause geht die Verteidigung von Andreas Etter weiter. Das Plädoyer von seinem Anwalt wird fortgesetzt.
Pause bis 16.30 Uhr
15.38: Anwalt Borbély spricht inzwischen rund zwei Stunden. Sein Plädoyer erinnert stark an jenes von heute Morgen. Er versucht mit allen Mitteln, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu widerlegen.
Dabei betont der Verteidiger auch, dass Raiffeisen bis heute davon ausgehe, dass sich die Verhandlungsführer korrekt verhalten hätten. «So war es nämlich auch», zitiert «Blick» den Verteidiger.
Richter Sebastian Aeppli unterbricht das Plädoyer für eine kurze Pause. Um 16.30 Uhr geht es weiter.
14.40: Bezüglich dem Thema Bestechung argumentiert Borbély sehr ähnlich wie auch der Anwalt von Peter Wüst: «Es ist absurd anzunehmen, dass mein Mandant auf die Idee gekommen sein soll, Pierin Vincenz zu bestechen. Vincenz war der Saubermann des Schweizer Bankings, der Star der Szene.»
Borbély fängt an, die gesamte Geschichte der Investnet aufzurollen. Dabei kommen auch die 2,9 Millionen Franken ins Spiel, die Stocker auf ein Konto von Vincenz bei der Raiffeisen Lugano überwiesen hatte. Eine angeblich heimliche Beteiligung an Investnet, behauptet die Staatsanwaltschaft.
14.10: In einem nächsten Schritt kommt Borbély auf das gemeinsame Verhältnis zwischen seinem Mandanten und Peter Wüst zu sprechen.
Wüst sei für Etter «ein Mentor, ein Garant ehrlichen, vertrauenswürdigen Geschäftens» gewesen. Gemeinsam hätten sie die «grösste Schweizer Erfolgsgeschichte der Private Equity Bereich im KMU-Bereich» geschaffen. So zitiert «Blick» den Anwalt.
Gegenüber den beiden Hauptangeklagten Pierin Vincenz und Beat Stocker habe er aber keine ähnlichen Gefühle gehegt – im Gegenteil. Jenes mit Stocker sei distanziert gewesen, während jenes mit Vincenz immer schlechter geworden sei. So schlecht, bis es letztlich in einem offenen Konflikt eskalierte.
13.30: Cornel Borbély, der Verteidiger von Andreas Etter, steht am Rednerpult. Wie zu erwarten war, fordert auch er einen Freispruch seines Mandanten und die Freigabe sämtlicher beschlagnahmten Vermögenswerte.
«Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lösen sich bei genauer Betrachtung in Luft auf», zitiert «20 Minuten» den Anwalt. Auch habe die Anklage unseriös und tendenziös gehalten.
Mittagspause bis 13.30 Uhr
12.05: Verteidiger Aslantas kommt zum Ende seines Plädoyers. Sein Resümee: «Wir haben hier eine Aktenfülle in nie dagewesenem Ausmass. Trotzdem lassen sich keine Beweise für Bestechung oder ungetreue Geschäftsführung finden. Nicht einmal die Story der Staatsanwaltschaft überzeugt.»
Und weiter zitiert «Blick» den Verteidiger: «Würde das Verfahren gegen meinen Mandanten nicht ohnehin wegen Verhandlungsfähigkeit eingestellt, müsste er freigesprochen werden.» Ganze vier Stunden dauerte Aslantas Plädoyer. Ob sich Andreas Etters Anwalt kürzer fassen wird, zeigt sich nach der Mittagspause um 13.30 Uhr.
11.35: Darum geht es im Investnet-Fall. Andreas Etter und Peter Wüst gehören zu den Mitgründen der Firma. Sie sollen mit den Hauptangeklagten Pierin Vincenz und Beat Stocker über eine mögliche Übernahme der Firma durch Raiffeisen verhandelt haben.
Zeitgleich soll sich auch Stocker an Investnet beteiligt haben und so letztlich von dem Verkauf der Firma reichlich profitiert haben. Demnach sollen im Frühling 17 Millionen Franken an Etter und Wüst ausbezahlt worden sein, knapp 6 Millionen Franken an Stocker. Er wiederum überwies wenig später 2,9 Millionen Franken auf ein Konto von Vincenz bei der Raiffeisen Lugano. Es geht um Beihilfe und private Schattenbeteiligungen.
Wie «Blick» schreibt, kam es im Zuge des Investnet-Deals auch zu einem Aktientausch. Dabei bekamen Etter und Wüst 40 Prozent der Raiffeisen-Tochter KMU Capital. Im Gegenzug erhielt Raiffeisen 60 Prozent von Investnet.
Überprüft worden sei dieser Deal von Patrik Gisel, ebenfalls ein ehemaliger Raiffeisen-Chef. Vincenz und Stocker hätten damit gar keine Kontrolle darüber gehabt, beklagt Verteidiger Aslantas. Der Verteidiger fragt zudem indirekt die Staatsanwaltschaft, warum basierend auf diesem Sachverhalt «nicht auch Patrik Gisel nicht angeklagt ist?»
10.49: Nach der Pause geht das Wort erneut an den Verteidiger von Peter Wüst. Ersten Angaben zufolge will Fatih Aslantas ganze vier Stunden sprechen. Warum, ist vielen im Saal unklar. Denn Richter Sebastian Aeppli sagte bereits an einem früheren Prozesstag, dass Peter Wüst aufgrund seiner Krankheit nicht verurteilt werden wird.
Pause bis 10.30 Uhr
10.06: Kriminelle Begehrlichkeiten seien überhaupt nicht erkennbar und «es ist einzigartig, wie es die Staatsanwaltschaft schafft, hier die Fakten zu verdrehen». Peter Wüst, so sein Verteidiger, sei es «nie in den Sinn gekommen, diesen beliebten Vorzeigebanker Pierin Vincenz zu bestechen.»
Richter Aeppli unterbricht das Plädoyer für eine kurze Pause. Um 10.30 Uhr geht es weiter.
09.39: In einem nächsten Schritt geht Aslantas auf die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft ein. Sie wirft dem Mithauptangeklagten Beat Stocker vor, sich heimlich an Investnet beteiligt zu haben.
Falsch, erklärt Aslantas. Zwar gab es eine Beteiligung, diese habe Stocker aber sowohl der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma als auch den Steuerbehörden offengelegt. Selbst die Raiffeisen habe von dieser Beteiligung gewusst. «Von einer Bestechung kann keine Rede sein», resümiert der Verteidiger gemäss «Blick».
Weiter kritisiert der Verteidiger, dass die Staatsanwaltschaft Dokumente verwende, die nur dank der Verletzung des Bankkundengeheimnisses veröffentlicht wurden. «Wenn das Verfahren gegen meinen Mandanten nicht ohnehin eingestellt werden müsste», sagt Aslantas. «Dann müsste er freigesprochen werden, weil sämtliche erhobenen Beweise unverwertbar sind.»
Der Verteidiger hat jeden Anklagepunkt genaustens analysiert und erklärt nur vor versammelter Öffentlichkeit, warum die dazugehörige Beweislage nichtig sei. «Das ist doch Quatsch», «das ist nicht nachvollziehbar» oder «eine ungeheuerliche Unterstellung», sagt er gemäss «Blick» immer wieder.
Mitangeklagter leidet an Demenz
09.00: Nach der Begrüssung von Richter Sebastian Aeppli erhält Fatih Aslantas das Wort. Er ist der Verteidiger des dementen Peter Wüst. Wie zu erwarten war, fordert er die sofortige Einstellung des Verfahrens und die Freigabe der beschlagnahmten Vermögenswerte.
Des Weiteren setzt er sich für eine gerechte Entschädigung seines Mandanten ein. «Durch das Verfahren ist für meinen Mandanten ein immenser Schaden entstanden, sein ganzes Vermögen wurde beschlagnahmt.» So zitiert «20 Minuten» den Anwalt.
08.30: Mit rund 15 Minuten Verspätung startet der sechste Verhandlungstag rund um den ehemaligen Raiffeisenchef Pierin Vincenz. Der Hauptangeklagte selbst ist heute Dienstag allerdings nicht vor Ort. Er sei verhindert, so sein Anwalt Lorenz Erni vor wenigen Wochen.
Auf der heutigen Agenda steht der Fall Investnet – einer der wichtigsten Brocken im gesamten Prozess. Dazu halten die Verteidiger der beiden Mitangeklagten, Peter Wüst und Andreas Etter, ihre Plädoyers.
Den beiden Männern wird mutmassliche Hilfestellung vorgeworfen. Der Grund: Sie sollen Vincenz und Stocker bei der offiziellen Übernahme von Investnet durch Raiffeisen zu einer privaten Schattenbeteiligung verholfen haben.
Wüst selbst ist heute Dienstag ebenfalls nicht vor Ort. Wie «NZZ» berichtet, leide er an Demenz, weshalb die Staatsanwaltschaft auf eine Strafforderung verzichte.
Alle Informationen zum Prozess rund um Pierin Vincenz
Am Zürcher Bezirksgericht wird am Dienstag der Prozess rund um den ehemaligen Chef von Raiffeisen Pierin Vincenz fortgesetzt: Nach einer rund einmonatigen Pause sind am sechsten Verhandlungstag die Plädoyers der Verteidiger zweier Mitbeschuldigter vorgesehen. Der Prozess vor der ersten Instanz neigt sich damit langsam dem Ende entgegen.
Die Befragungen von Vincenz und dessen Geschäftskollegen Beat Stocker sowie den fünf Mitbeschuldigten fanden bereits im Januar statt. Es folgten die Vorträge der Staatsanwaltschaft und verschiedener Verteidiger.
Morgen Mittwoch wird die Staatsanwaltschaft auf die Aussagen der Verteidiger reagieren. In zwei Wochen werden die Verteidiger an zwei Tagen nochmals replizieren können. Damit die angesetzten Verhandlungstage auch sicher ausreichen, hat der vorsitzende Richter allen Beteiligten eine maximale Redezeit vorgegeben.
Die Staatsanwaltschaft wirft Vincenz und Stocker unter anderem Betrug und ungetreue Geschäftsbesorgung vor, womit sie sich privat bereichert haben sollen. Dazu liessen sie Schattenbeteiligungen an Firmen gezielt durch die von ihnen beherrschten Unternehmen aufkaufen. Fünf Mitbeschuldigte sollen in gewissen Fällen Beihilfe geleistet haben. Alle haben die Vorwürfe zurückgewiesen.