Polizistin in Winterthur überfahren: «Er wollte nur noch weg»
2019 hat ein junger Mann in Winterthur ZH eine Polizistin überfahren und lebensgefährlich verletzt. Heute Mittwoch dürfte die Verhandlung zu Ende gehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein 22-Jähriger hat 2019 eine Polizistin in Winterthur überfahren.
- Seine Anwältin fordert vier Jahre Gefängnis. Er habe die Frau nicht gesehen.
- Die Staatsanwältin hatte 12 Jahre wegen versuchten Mordes gefordert.
Der 22-Jährige, der 2019 in Winterthur eine Polizistin überfuhr und lebensgefährlich verletzte, soll gemäss Antrag seiner Anwältin vom Mittwoch vier Jahre ins Gefängnis. Er habe die Frau erst gesehen, als es schon zu spät gewesen sei.
Die vier Jahre Gefängnis wegen Diebstahl, Gewalt und Drohung gegen Beamte und weiteren Delikten soll der junge Schweizer gemäss Antrag seiner Anwältin jedoch nicht antreten.
Stattdessen sollen sie zugunsten einer Massnahme für junge Erwachsene aufgeschoben werden. Dort könnte er eine Elektrikerlehre absolvieren.
22-Jähriger hatte Angst, erschossen zu werden
Die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass der 22-Jährige die Polizistin gesehen habe, bevor er sie anfuhr, sei falsch, betonte die Anwältin in ihrem Plädoyer. Ihr Mandant sei in Angst und Panik geraten, als die Polizisten mit den Waffen auf ihn gezielt hätten.
Er habe nur weg gewollt. «Möglichst schnell weg, damit er nicht erschossen wird.» Er habe die Polizistin erst gesehen, als es zu spät gewesen sei. Er habe «keine Zeit gehabt, um gut zu überlegen», sagte der psychisch Kranke selber in einer Befragung.
Man dürfe nicht vergessen, dass die Schizophrenie ihres Mandanten damals nicht medikamentös behandelt gewesen sei, sagte die Anwältin weiter. Seine Handlungen könnten deshalb nicht mit den Handlungen einer besonnenen und gesunden Person verglichen werden.
Die Medikamente habe er damals immer wieder selber abgesetzt. Die Einsicht, dass er krank sei, habe gefehlt. Ausgelöst wurde die Schizophrenie möglicherweise durch massiven Cannabis-Konsum. Gemäss Gutachten hat sich die Krankheit aber irgendwann verselbständigt, unabhängig vom Ausmass des Drogenkonsums.
Freiheitsstrafe von 12 Jahren gefordert
Die Staatsanwältin hält eine Massnahme für junge Erwachsene, wo die Insassen Berufslehren absolvieren können, für falsch. Am Dienstag, dem ersten Prozesstag, hatte sie unter anderem wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren gefordert.
Statt ins Gefängnis solle der Beschuldigte aber in eine stationäre Massnahme nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches, umgangssprachlich auch «kleine Verwahrung» genannt. Dort könne seine Schizophrenie therapiert werden. Absolvieren könnte er die «kleine Verwahrung» etwa in der Klinik Rheinau, in der er bereits heute behandelt wird.
Der Gutachter sagt dem jungen Schweizer keine gute Zukunft voraus. Die Behandlung funktioniere leider nicht so, wie sie im besten Fall möglich sei, sagte er am ersten Prozesstag. Eine IV-Berentung sei mittel- und langfristig realistisch. So frustrierend das klinge.
Beschuldigter stahl BMW aus Garage
Am 13. Oktober 2019 brach der Beschuldigte bei Winterthur in eine Garage ein und stahl einen BMW 750, in dem er dann auch schlief. Am Tag darauf raste er mit gestohlenen Nummernschildern und mit bis zu 260 km/h bis fast nach Chur und fuhr dann nach Winterthur zurück.
Dort erwartete ihn die Polizei bereits mit einer Strassensperre. Als er merkte, dass mehrere Polizistinnen und Polizisten ihre Waffen auf ihn richteten, lenkte er den Wagen aufs Trottoir, beschleunigte auf 40 oder 50 km/h und fuhr mit voller Wucht in die Polizistin.
Die damals 39-Jährige wurde mehrere Meter durch die Luft geschleudert, prallte auf dem Asphalt auf und wurde lebensgefährlich verletzt. Unter anderem erlitt sie einen Lungenkollaps und eine Verletzung der Halsschlagader mit Embolien. Eine zweite Polizistin konnte sich mit einem Sprung in die Wiese im letzten Moment retten.
Die Verhandlung dürfte heute Mittwoch zu Ende gehen. Das Urteil wird am 8. März eröffnet.