Prämienschock sorgt bei Gross-Familie für «Spannungen»
Der Prämienschock trifft den unteren Mittelstand, da dieser zu viel verdient, um Verbilligungen zu erhalten. Eine Familie spricht offen über den hohen Druck.
Das Wichtigste in Kürze
- Der hohe Anstieg der Krankenkassenprämien ist für viele Familien eine grosse Belastung.
- Mirjam Nobs und ihre Ehemann zahlen schon jetzt 1400 Franken pro Monat für die Versorgung.
- Sie gehören zum unteren Mittelstand und erhalten deshalb keine Prämienverbilligungen.
Die durchschnittliche Krankenkassenprämie für das nächste Jahr beläuft sich auf 359 Franken. Dies bedeutet im Vergleich zum laufenden Jahr einen Anstieg von 8,7 Prozent. Die Prämienerhöhungen variieren zwar in den verschiedenen Kantonen, aber im Durchschnitt werden wohl alle in der Schweiz ansässigen Personen monatlich zwischen durchschnittlich 15 bis 40 Franken mehr bezahlen müssen.
Besonders hart trifft es den unteren Mittelstand, also Personen, die zu viel verdienen, um von Prämienverbilligungen zu profitieren. In diese Kategorie gehört unter anderem auch die sechsköpfige Familie Nobs aus Bern, die am Dienstagabend von «Schweiz Aktuell» porträtiert wurde.
Mirjam Nobs sagt zu Beginn des Beitrags : «Wir würden sehr gerne einmal im Jahr in die Ferien fahren, können es uns aber einfach nicht leisten.» Ein Lohn reiche halt einfach nicht – «Ferien sind Luxus für uns.»
Bei zwei Erwachsenen und vier Kindern zahlen Mirjam Nobs und ihr Ehemann schon jetzt monatlich rund 1400 Franken an Krankenkassenprämien. Im Jahr sind das fast 17'000 Franken – und jetzt sollen es im nächsten Jahr nochmals deutlich mehr werden. Im Kanton Bern steigen die Prämien im Durchschnitt um 8,3 Prozent.
9000 Franken sind zu viel für Prämienverbilligung
Vater Nobs arbeitet als Lokführer, während sich Mutter Nobs um die Kinder kümmert und zu Hause aus in kleineren Nebenjobs im Gesundheitsbereich arbeitet. Mit Kinderzulagen und Unterhaltszahlungen haben sie zusammen ein monatliches Einkommen von gut 9000 Franken – zu viel, um von Prämienverbilligungen zu profitieren.
Mirjam Nobs ist sichtlich verzweifelt: «Wir zahlen jetzt schon so viel für die Krankenkasse, wie wir Miete zahlen. Der Strom soll ja zudem offenbar auch wieder raufgehen. Für uns heisst das einfach: Noch mehr Einschränkungen, noch härter arbeiten, noch mehr Nebenjobs, noch mehr schauen, dass irgendwie Geld reinkommen und unsere Kinder unbeschwert aufwachsen können.»
Die vierfache Mutter spricht von einer «riesigen Belastung» und «schlaflosen Nächten». «Es gibt auch als Paar enorme Spannungen, weil man immer über das Geld und die finanzielle Situation spricht.»
Wegen Verlustschein kein Wechsel von KK möglich
Auch ein Wechsel zu einer günstigeren Krankenkasse kommt für Familie Nobs leider nicht in Frage: Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnten sie im letzten Jahr eine Krankenkassenrechnung nicht bezahlen und haben jetzt Schulden.
Mirjam Nobs erzählt: «Leider haben wir im letzten Jahr, aufgrund unserer finanziellen Probleme, einen Verlustschein erhalten, und es gibt eine spezielle Klausel in den Bestimmungen der Krankenversicherer, die besagt, dass man die Kasse nicht wechseln darf, wenn man im Inkassoverfahren ist oder einen Verlustschein hat.»
Vor einigen Monaten zog die Familie Nobs deshalb aufs Land in eine kostengünstigere Wohnung, um Geld zu sparen und die oben erwähnten Schulden abzubezahlen. Sie versuchen ausserdem, ihr Einkommen mit weiteren kleinen Nebenjobs aufzubessern, wie zum Beispiel dem Verkauf von Eiern. Vor Kurzem haben sie ein paar Hühner angeschafft.
Mirjam Nobs: «Wir nehmen die Dinge einfach, wie sie kommen, und hoffen, dass wir in naher Zukunft trotz der steigenden Kosten noch einige Träume mit unseren Kindern verwirklichen können.»