Prostitution: Die Schweiz wird zur Hochburg von Menschenhandel
Bis zu 7000 Franken pro Woche: Mit Inseraten wird bei Osteuropäerinnen um Sexarbeit geworben. Doch die Realität sieht anders aus als diese Versprechen.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Bordelle sprechen mit Onlineinseraten gezielt Osteuropäerinnen an.
- Die Inserate garantieren «sehr gute Arbeitsbedingungen» sowie einen guten Lohn.
- Statt des Wohlstands erlebte eine junge Ungarin mit dem Angebot nur Leid und Missbrauch.
Ein besseres Leben – mit diesem Versprechen wird in vielen Inseraten für Sexarbeit geworben. Diverse Sexbordelle sprechen dabei konkret Osteuropäerinnen als Zielgruppe an. Gesucht werden «hübsche Mädchen ab 18 Jahren».
Weiter garantieren die Inserate «sehr gute Arbeitsbedingungen und Sicherheit» sowie einen Lohn von bis zu 7000 Franken in der Woche. Auch in der Schweiz locken Bordelle junge Frauen aus Osteuropa mit verlockenden Jobangeboten an. Mit der Aussicht auf ein Luxusleben sieht die Realität aber ganz anders aus, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.
Schweiz bei Sexinseraten auf Platz vier
Die Anwerbung von Sexarbeiterinnen aus Osteuropa erfolgt häufig über Onlineinserate. Auf der Rangliste der «Anzahl Onlineinserate auf europäischen Erotikportalen» nimmt auch die Schweiz einen Spitzenplatz ein. Und dies, obwohl eine solche Rekrutierung in der Schweiz verboten ist.
Die Tabelle der Zeitung zeigt auf: Mit 2163 Anzeigen befindet sich die Schweiz auf dem vierten Platz der 26 untersuchten Ländern in Europa.
Ein Beispiel dafür ist eine junge Ungarin, die aufgrund eines solchen Angebots in die Schweiz kam. Statt des versprochenen Wohlstands erlebte sie hier jedoch nur Leid und Missbrauch, so die Anklageschrift der Aargauer Staatsanwalt.
Paar beutet Ungarin aus und misshandelt sie
Die Ungarin wuchs unter ärmlichen Bedingungen auf und arbeitete bereits in ihrer Heimat als Prostituierte. Nach ihrer Ankunft in der Schweiz wurde sie von dem Paar, das sie angeworben hatte, ausgebeutet und misshandelt.
Sie musste alle ihre Einnahmen abgeben und durfte keinen Kontakt zur Aussenwelt haben. Selbst als sie hochschwanger war, musste sie weiterhin Freier bedienen. Ihre Zuhälter sollen sogar versucht haben, das ungeborene Kind durch Schläge in den Bauch zu töten.
Die junge Frau ist kein Einzelfall. Im Jahr 2022 verzeichnete das Opferschutzprogramm Menschenhandel der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) 375 Fälle. Sexuelle Ausbeutung war bei der Mehrheit das Thema.
«Betreiber sollten in die Verantwortung genommen werden»
Annatina Schultz, stellvertretende Generalstaatsanwältin des Kantons Bern und Expertin für Menschenhandel, betont jedoch: «Die Prostitution in der Schweiz ist legal.» Jobinserate seien nicht per se verboten, sondern: «Es wird dann problematisch, wenn gezielt mit grossen Versprechungen in ärmeren Regionen geworben wird.»
Trotz einiger positiver Beispiele besteht dringender Handlungsbedarf, wie das Netzwerk Procore fordert: «Die Betreiber sollten in die Verantwortung genommen und Missstände in den Klubs behoben werden.» Dies solle eher erfolgen, statt sich bei Kontrollen einseitig auf die Papiere und Bewilligungen der Sexarbeitenden zu fokussieren.