Rezepte für Einsparungen im Gesundheitswesen bleiben umstritten
Mit einem Bündel von Massnahmen will der Bundesrat die Gesundheitskosten drücken. Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat einem ersten Paket zugestimmt. Viele Ansätze für Einsparungen drohen zu scheitern.
Das Wichtigste in Kürze
- Hintergrund der Gesetzesänderung ist die Verdreifachung der Krankenkassen-Kosten innerhalb von zwanzig Jahren.
Gestützt auf einen Expertenbericht hatte der Bundesrat dem Parlament vor einem Jahr ein erstes Massnahmenpaket mit vermeintlich unproblematischen Vorschlägen vorgelegt.
Einige davon, darunter das Referenzpreissystem für Generika, erwiesen sich aber als derart umstritten, dass der Nationalrat das erste Massnahmenpaket aufspaltete. Doch auch dessen erster Teil erweist sich nun als alles andere als harmlos. Nach der Debatte in der kleinen Kammer bleiben zwischen den Räten zahlreiche Differenzen.
Kosten sollen beispielsweise gespart werden, indem die Rechnungskontrolle verbessert wird: Leistungserbringer müssen den Patienten eine Rechnungskopie zustellen, sofern diese von der Krankenkasse direkt gezahlt wird. Dem stimmte der Ständerat grundsätzlich zu.
Gestrichen hat er jedoch die vom Nationalrat beschlossene Möglichkeit für den Bund, Organisationen zu subventionieren, die Patientinnen und Patienten bei der Interpretation und allenfalls bei der Anfechtung einer Rechnung unterstützen.
Umstritten ist auch der geplante Experimentierartikel. Dieser erlaubt es, vom geltenden Recht abzuweichen, um günstigere oder bessere Modelle zu erproben. Im Grundsatz ist der Ständerat damit einverstanden. Mit 23 zu 19 Stimmen lehnte er jedoch inhaltliche Einschränkungen für Pilotprojekte ab.
Der Nationalrat hat den Anwendungsbereich eingeschränkt: Zugelassen werden sollen Versuche zur Vergütung von Behandlungen im Ausland, zur Einschränkung der freien Arztwahl, zur Förderung der koordinierten und integrierten Gesundheitsversorgung sowie Pilotprojekte mit der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen oder solche mit Leistungserbringungen im Auftrag der Krankenkassen.
Der Ständerat strich diesen Katalog aus dem Gesetz. Die Suche und der Entscheid darüber, was ausprobiert werde, solle offengelassen werden, sagte Damian Müller (FDP/LU). Gesundheitsminister Alain Berset warnte vergeblich, dass damit auch verfassungswidrige Pilotprojekte möglich seien. Die Versuche müssen allerdings in jedem Fall vom Innendepartement bewilligt werden.
Knapp abgelehnt hat der Ständerat auch die Einführung landesweit einheitlicher Tarifstrukturen für ambulante Pauschaltarife. Schon heute gibt es Pauschalen neben den üblichen Einzelleistungstarifen, sie beruhen aber jeweils auf einer Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern.
Dabei soll es nach dem Willen der kleinen Kammer bleiben. Pauschalen müssten weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen, sagte Müller. Er warnte, dass Patientinnen und Patienten nicht standardisierbar seien. Müller befürchtet, dass unkomplizierte Fälle übervergütet würden, während die Versorgung von schwierigeren Fällen leide.
Einverstanden ist der Ständerat mit der Einsetzung eines nationalen Tarifbüros. Diese Organisation soll die Tarifstruktur für ambulante Tarife weiterentwickeln und anpassen. Ziel ist es, Blockaden zu verhindern. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat die Vorlage mit 31 Ja-Stimmen bei 12 Enthaltungen an. Enthalten haben sich Vertreterinnen und Vertreter von SVP, SP und Grünen.
Es handelt sich um eine erste Etappe eines ersten Massnahmenpakets. Auch die zweite Etappe ist hoch umstritten. So lehnt die Nationalratskommission ein Referenzpreissystem für Generika ab, mit dem mehrere hundert Millionen Franken gespart werden könnten. Das vom Bundesrat vorgelegte zweite Massnahmenpaket mit einem Kostendeckel für ambulante Leistungen und einer Einschränkung der freien Arztwahl stösst ebenfalls auf heftigen Widerstand.