Rüge für SEM wegen unkorrekter Behandlung von Asylgesuchen
Das Bundesverwaltungsgericht rügte das Staatssekretariat für Migration. Das SEM habe wiederholt rechtsstaatliche Verfahrensgarantien von Asylsuchenden verletzt.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesverwaltungsgericht hat das Staatssekretariat für Migration gerügt.
- Das SEM habe wiederholt rechtsstaatliche Verfahrensgarantien von Asylsuchenden verletzt.
Das Bundesverwaltungsgericht weist das Staatssekretariat für Migration (SEM) in einem Grundsatzurteil zurecht. Die Behörde habe wiederholt rechtsstaatliche Verfahrensgarantien von Asylsuchenden verletzt. Nun muss das Staatssekretariat über die Bücher. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wandte im konkreten Fall das Anfang 2019 eingeführte beschleunigte Verfahren an.
Dieses ist für Asylgesuche vorgesehen, die ohne weitere Abklärungen entschieden werden können. Ziel ist es, diese einfachen Fälle innerhalb von 140 Tagen rechtskräftig zu entscheiden und allenfalls Wegweisungen durchzuführen.
Bei negativen Entscheiden des SEM muss innerhalb von sieben Tagen eine Beschwerde eingereicht werden. Im Verwaltungsverfahren gilt sonst eine Frist von 30 Tagen. Als flankierende Massnahme steht deshalb jedem Asylsuchenden im beschleunigen Verfahren eine Rechtsvertretung zur Seite.
Vorliegend wies die Rechtsvertretung das SEM bereits während des Verfahrens darauf hin, dass der Fall aufgrund seiner Komplexität im erweiterten Verfahren behandelt werden müsse, für welches mehr Zeit zur Verfügung steht. Das SEM hatte nach der ersten Anhörung des Asylsuchenden zwei weitere Befragungen von jeweils mehr als sechs Stunden durchgeführt.
Auch überschritt das SEM die 29-Tage-Frist, die ihm für seinen Entscheid im beschleunigten Verfahren zur Verfügung stehen massiv. Es dauerte 89 Tage, bis es die abweisende Verfügung dem Asylsuchenden eröffnete. Dennoch blieben der Rechtsvertreterin nur sieben Tage, um eine Beschwerde zu formulieren.
Dieses Vorgehen ist kein Einzelfall, wie das Bundesverwaltungsgericht in dem am Freitag veröffentlichten Urteil festhält. Es führt eine Reihe weiterer Fälle an, wo das Staatssekretariat einen Wechsel in das erweiterte Verfahren mit den üblichen Beschwerdefristen von 30 Tagen hätte vornehmen müssen.
SEM verletzte rechtsstaatliche Verfahrensgarantien
Das SEM verletze mit diesem Vorgehen rechtsstaatliche Verfahrensgarantien, führt das Bundesverwaltungsgericht aus. Eine wirksame Beschwerde in einem komplexen Fall wie dem vorliegenden könne nicht innerhalb von sieben Tagen verfasst werden. Zudem führte das SEM in seiner Verfügung selbst aus, dass es sich nicht mit allen Aussagen des Asylsuchenden auseinandergesetzt habe.
Das Bundesverwaltungsgericht weist das SEM explizit darauf hin, dass die beschleunigte Behandlung von Asylverfahren in einem rechtsstaatlich fairen Verfahren nur gewährleistet werden könne, wenn das SEM die Zuteilung der Gesuche in das beschleunigte oder erweiterte Verfahren korrekt vornehme.