Stadt Zürich

Russen-Sender schreibt Fake-Artikel als «Szene-isch-Züri»

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Zürich,

Diverse Propaganda-Artikel auf «Russia Today» sind mit «Szene isch Züri» gezeichnet. Dabei handelt es sich aber um einen Fake. Der Betreiber wehrt sich.

Putin
Russia Today (RT) ist der russische Auslands-Propagandasender von Wladimir Putin und hat diverse Online-Angebote. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • «Russia Today» ist das Sprachrohr der russischen Regierung in der westlichen Welt.
  • Bei Artikeln aus der Schweiz wird oft «Szene isch Züri» als Autor angegeben.
  • Der «Szene isch Züri»-Macher steckt aber nicht dahinter und prüft nun rechtliche Schritte.

Dieser Artikel von «Russia Today» (RT) sorgt für Stirnrunzeln. Am Dienstagabend publiziert der deutschsprachige Ableger des russischen Propagandamediums einen Artikel über die Schweizer ESC-Hoffnung Nemo.

Das non-binäre Talent aus Biel BE wird als «unwiderstehliche Kombination aus Wokeness, Queerness und einer atemberaubenden Stimme» beschrieben.

Das Auffallende dabei: Als Autor wird kein Klarname oder Kürzel angeben, sondern «Szene isch Züri». So heisst ein erfolgreicher Social-Media-Kanal aus der Schweiz, der lustige bis bizarre Videos aus der Grossstadt weiterverbreitet.

Hetze gegen den Westen getarnt als Information

Und der Nemo-Artikel ist nicht der einzige mit der Autorenbezeichnung «Szene isch Züri».

So heisst es etwa auch hetzerisch: «Zürich platzt aus den Nähten – durch Zuwanderung vor allem aus der Ukraine.» Oder: «Panzer fährt für Kids auf Pausenplatz – Wenn du hier drückst, sind fünfzig Leute tot!»

Wer RT kennt, weiss: Die Artikel sollen nur den Anschein von Information erwecken. Stattdessen sind sie Teil der russischen Propaganda-Strategie, um den Westen als lächerlich darzustellen und gegen westliche Werte zu hetzen. Oder um Kritik an Russland zu relativieren. Kurz: Desinformation.

Wer steckt hinter diesen Artikeln?

Nau.ch hat mit Ricardo Fabio Tambini, dem Mann hinter dem echten «Szene ist Züri», gesprochen. Er wehrt sich: «Diese Artikel stammen nicht von mir und ich distanziere mich davon.»

Der Betreiber des erfolgreichen Social-Media-Kanals hat erst durch Medienanfragen von den Artikeln auf RT erfahren. Wer dahinter steckt, weiss er zum aktuellen Zeitpunkt nicht.

Er kündigt an: «Ich versuche nun, die Person ausfindig zu machen und prüfe rechtliche Schritte gemeinsam mit meinem Anwalt.»

Neben dem offiziellen Account gibt es auf Social Media noch einen weiteren Szene-isch-Züri-Account, der nicht von Tambini betrieben wird. Dessen Betreiber hat auf eine Nau.ch-Anfrage bislang nicht geantwortet.

«Russia Today» ist in der EU verboten

Die Gelder für «Russia Today» stammen aus der russischen Staatskasse. Ziel ist es, die westliche Welt mit der Perspektive der Putin-Regierung zu berieseln. Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat die EU deshalb den Sender und dessen Online-Angebote verboten.

Die Inhalte sind in der EU nur noch über Umwege zu finden.

Sind Sie auf Social Media unterwegs?

Anders in der Schweiz. Hier entschied sich der Bundesrat im März 2022 gegen die Übernahme dieser EU-Sanktion. Er erklärte, dass er es für «wirksamer» halte, «unwahre und schädliche Äusserung mit Fakten zu begegnen, anstatt sie zu verbieten».

Susanne Spahn, Expertin für russische Propaganda, warnte damals bei Nau.ch vor den Angeboten von RT und Co.: «Es geht nicht darum, eine alternative russische Perspektive zu verbreiten, was an sich legitim wäre. Stattdessen werden falsche Darstellungen und gezielte Desinformation verbreitet, um den Westen und seine Werte anzugreifen.»

Kommentare

User #2448 (nicht angemeldet)

Seit 247 Jahren gibt es die Vereinigten Staaten. Von diesen 247 war die USA ganze 16 Jahre nicht in Kriege verwickelt und hat Länder bombardiert. 😎😎😎🤗

Marcel Fretz

Es gibt keinen Staatsender aus Amerika, der in Europa auf Deutsch sendet. So unbedeutend kann Russland nicht sein. Es sorgt sich im den freundlichen Zusammenhalt Europas. Russland ist kein Nordkorea. Es ist der Westen, der in seiner Russophobie gefangen ist.

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