Wer das Abend-GA besitzt, darf ab 19 Uhr in jeden Zug einsteigen, ohne ein weiteres Billett zu lösen. Aber Achtung: Die SBB nimmt es auf die Minute genau.
Die SBB büsst Abend-GA-Kunden auch wegen zwei Minuten – dieser Passagier zeigt sich auf Tiktok deshalb gefrustet. - Tiktok / @andrej_millius

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Tiktoker macht sich über die SBB lustig, weil sie ihn wegen zwei Minuten gebüsst hat.
  • Er ist um 18.58 in den Zug eingestiegen – sein Abend-GA ist aber erst ab 19 Uhr gültig.
  • In diesem Fall sind aber selbst Konsumentenschützer auf der Seite der SBB.
Ad

Frust für einen Passagier der SBB: Tiktoker Andrej besitzt ein GA Night, also ein Generalabonnement, das ab 19 Uhr gültig ist.

Trotzdem kassiert er eine saftige Busse – wegen zwei Minuten. 105 Franken kostet ihn eine abendliche Zugfahrt. In einem Tiktok-Video macht er sich frustriert über die Schweizer Pingeligkeit lustig.

«Die Schweiz so: Mit dem GA Night kann man ab 19 Uhr alle Züge und Busse des Landes benutzen.» Auch typisch Schweiz findet er, dass er gebüsst wurde, weil er um 18.58 Uhr in einen Zug gestiegen und um 19.03 kontrolliert worden sei.

Dazu schreibt er in den Kommentaren: «Ich habe nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass es wegen zwei Minuten ein Problem ist.»

Tiktoker kriegt aufs Dach: «Musst halt lesen können»

Ein Video, das für Diskussionen sorgt: Viele fühlen mit ihm, teilen ähnliche Erfahrungen. «Bei mir noch schlimmer», schreibt ein User zum Beispiel.

«Stieg in einen Zug ein, der 18.58 fahren sollte, aber fünf Minuten Verspätung hatte. Also bin ich um 19.03 eingestiegen und habe eine Busse erhalten!»

Sollten Zug-Kontrolleure Passagiere büssen, wenn ihr Ticket erst zwei Minuten nach Abfahrt gültig ist?

Eine andere meint, sie versperre bei ihrem Zug, der um 18.59 geplant ist, jeweils absichtlich die Tür, damit er erst um 19 Uhr abfahren kann.

Ein grosser Teil stellt sich aber auf die Seite der SBB. «Man muss halt lesen können», schiesst jemand gegen den Tiktoker. Und ein anderer meint: «Was verstehst du an 19 Uhr nicht?»

Sogar Konsumentenschützerin stellt sich auf Seite der SBB

Die Meinungen sind also gespalten. Und was sagen Konsumentenschützer dazu?

Babette Sigg vom Konsumentenforum versteht das Vorgehen der SBB, wie sie zu Nau.ch sagt: «Indem der Konsument in den Zug stieg, der um 18.58 Uhr losfährt, hat er sich nicht an die vertraglichen Pflichten gehalten.»

SBB
Die SBB büsst GA-Night-Kunden auch, wenn sie nur zwei Minuten zu früh in den Zug steigen. (Archivbild)
Tiktoker
Darüber beschwert sich ein junger Schweizer auf Tiktok – und startet eine Diskussion.
SBB
Einige stimmen ihm zu – andere stellen sich auf die Seite der SBB.
Konsum
So auch Konsumentenschützerin Babette Sigg: «Die zeitliche Einschränkung ist eine Hauptbedingung für das GA Night», sagt sie.

Schliesslich habe der Tiktoker mit der SBB einen Dienstleistungsvertrag mit Zeiteingrenzung abgeschlossen. «Die zeitliche Einschränkung ist eine Hauptbedingung für das GA Night. Ansonsten könnte man auch direkt auf das allgemeine GA zurückgreifen», betont sie.

Und der Preis von 99 Franken im Jahr sei «sehr attraktiv».

Zum Vergleich: Für 16- bis 25-Jährige kostet das normale GA 2780 Franken für die 2. und 4450 Franken für die 1. Klasse. Da ist das GA Night für unter 25-Jährige tatsächlich ein Schnäppchen.

105-Stutz-Busse «scheint vielleicht extrem ‹pingelig› zu sein»

In einem Punkt zeigt Sigg aber Verständnis für den Frust von Tiktoker Andrej: «Dass dieses Unrecht gerade mit einer Geldbusse von 105 Franken beglichen wird, scheint vielleicht extrem ‹pingelig› zu sein.»

Darüber lasse sich natürlich streiten. Zum Beispiel, ob eine Busse für die gesamte Strecke angebracht ist – oder nur eine bis zur nächsten Station.

Zusammengefasst: «Die Zeitspanne ist ganz klar eine Hauptvoraussetzung für das günstige Abonnement. Daher ist es verständlich, dass Kunden gebüsst werden, die sich nicht daran halten.»

Abend-GA müsste teurer sein, wäre es früher gültig

Michaela Ruoss von der Branchenorganisation Alliance Swisspass, die für das GA Night verantwortlich ist, sagt auf Anfrage zu dem Vorfall: «Bei der Abfahrt muss der Fahrgast einen gültigen Fahrausweis besitzen. Ausschlaggebend ist die fahrplanmässige Abfahrtszeit.»

Der Grund für die Zeitgrenze um 19 Uhr? «20 Uhr wäre Kundinnen und Kunden zu spät, die Nachfrage entsprechend geringer. 18 Uhr wäre zu früh, da mitten in der Hauptverkehrszeit.»

Wäre das GA Night bereits ab 18 Uhr gültig, müsste es teurer angeboten werden, erklärt Ruoss. Denn da ist die Nachfrage grösser. Die SBB äussert sich nicht dazu, da das GA Night ein Angebot aller Schweizer ÖV-Anbieter ist.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

AbfahrtFrankenSBB