SBB: Passagiere müssen stehen – wegen Gepäck auf Sitzen
Der Schnellzug von Zürich nach Bern ist am Sonntagnachmittag rappelvoll. Weil Touristen Gepäck auf den Sitz legen, müssen andere Passagiere sogar stehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Während der Sommerferien tummeln sich Touris mit viel Gepäck in den Zügen der SBB.
- Die Koffer und Taschen versperren Sitze und den Gang - Passagiere müssen stehen.
- Sogar ein Zugbegleiter nervt sich über das «riesige Gepäck».
- Die SBB plant trotzdem keine Massnahmen.
Lange Gesichter im Schnellzug nach Bern: Wer am Sonntagnachmittag mit der SBB unterwegs ist, muss auf Komfort verzichten – zumindest in der 2. Klasse. Denn da drängen sich hunderte von Touristen in die Wagen. Inder, Chinesen, Amerikaner und mehr wollen nach Bern, oder noch weiter nach Interlaken.
Die Touri-Magnete ziehen im prächtigen Sommerwetter die Massen an. Im Zug heisst das: Stehen.
Der Zugchef macht eine Durchsage, erst auf Deutsch, dann auf Englisch. Die hats in sich: «Es können derzeit einige Passagiere nicht sitzen, weil Gepäckstücke auf dem Sitz liegen.»
Er fordert: «Bitte belegen Sie keine Sitzplätze mit Gepäckstücken. Sitze sind für Passagiere da, nicht für Gepäck. Wir haben derzeit sehr viele Reisende im Zug, dies aufgrund der Sommerferien.»
Wer sein Gepäck nicht wegräume, müsse für den belegten Sitz einen Aufpreis bezahlen.
Riesige Koffer und Kinderwagen versperren den Weg
Doch: Die Worte wirken nicht. Wer nur schon versucht, während der einstündigen Fahrt durch den Zug zu laufen, scheitert. Immer wieder stehen riesige Koffer, Kinderwagen und Taschen im Weg. Menschen müssen stehen, weil auf den Sitzen immer noch Gepäck liegt.
Bei der Ankunft in Bern schüttelt der Zugchef den Kopf und erklärt zwei Passagieren auf Nachfrage: «Die Koffer der Leute sind zu gross. Alle haben riesiges Gepäck dabei, das versperrt den Platz.»
Für die SBB ist so ein voller Zug eine Ausnahme. Das Gepäck könne eigentlich gut verstaut werden, sagt Mediensprecher Martin Meier auf Anfrage: «Je nach Zugtyp stehen Ablageflächen für Gepäck über, unter und zwischen den Sitzen zur Verfügung.»
Weiter könne das Gepäck bei den extra dafür vorgesehenen Ablagen oder etwa bei herunterklappbaren Sitzplätzen deponiert werden. Im besagten Zug waren diese Gepäckablagen jedoch bereits voll.
Alternativ landen die Koffer und Reisetaschen im Gang oder auf den Sitzplätzen. Doch das ist eigentlich nicht erlaubt – der SBB-Sprecher erklärt: «Grundsätzlich gilt, dass eine Person nur einen Sitzplatz belegt.» Und auch er bestätigt, dass ein Aufpreis droht, wenn dies nicht eingehalten werde.
SBB plant keine Massnahmen
Gerade bei vollen Zügen mit vielen Touris – wie beim Schnellzug nach Bern – gibt es nicht genug Platz für Gepäck. Entweder ist der Gang versperrt oder ein Sitzplatz blockiert.
Ändern will die SBB trotzdem nichts. Von Extra-Gepäckwagen oder Maximalgrössen für Koffer und Taschen will man nichts wissen. Meier: «Wir stellen keine Häufung fest und prüfen daher auch keine Massnahmen.»