SBB will mit klassischer Musik Bahnhofs-Stau stoppen
Mit Musik will die SBB verhindern, dass sich Menschen im Eingangsbereich des Bahnhofs Bern ansammeln. Laut einer Café-Betreiberin nützt die Massnahme.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SBB will Menschenansammlungen in Eingangsbereich des Bahnhofs Bern verhindern.
- Dafür setzt sie auf klassische Musik, laut Café-Betreibern wirkt die Massnahmen.
- Einige Pendler aber sagen, die Musik lade zum Verweilen ein.
Wer dem Stau ausweichen will, der nimmt den Zug. Doch in Bern müssen auch Pendler mit Stau kämpfen – im Eingangsbereich des Bahnhofs, wo sich viele Menschen treffen. Um die Verstopfung aufzulösen, setzt die SBB in einer seit Mai dauernden Testphase auf Musik. Darüber berichtet das «SRF Regionaljournal».
So wird seither klassische Musik gespielt. Damit wolle man testen, welchen Einfluss Musik auf den Personenfluss habe, sagt ein Sprecher. Das Experiment richte sich nicht gezielt an eine Personengruppe, man wolle bloss das Nadelöhr auflösen.
Musik am Bahnhof, um die Menschen zu beeinflussen, das ist keine neue Erfindung von der SBB: So gibt es ähnliches Vorgehen auch in Hamburg, München oder Barcelona. Dort zeigte sich, dass die Musik den ungebetenen Gästen, etwa Drogenhändlern oder Obdachlosen, auf die Nerven gehen. Deshalb gehen sie lieber woanders hin, die Pendler fühlen sich sicher. Berlin begründet die Dauerbeschallung mit der beruhigenden Wirkung klassischer Musik: So kämen Leute nicht auf dumme Gedanken.
In der Schweiz gab es ein solches Experiment vor zehn Jahren in La Chaux-de-Fonds. Dort wollte man ungebetene Gäste vertreiben. Doch es kam das nicht gut an: Pendler beschwerten sich über den Musikstil und die Lautstärke. Personen aus Randgruppen beklagten, sie fühlten sich verdrängt und diskriminiert.
Lage hat sich beruhigt
Aus Bern gibt es gemischte Rückmeldungen: Gegenüber SRF sagt Michelle Flörl vom Florian Caffè & Bar im Eingangsbereich, es sei ruhiger geworden. «Die Leute, die sonst hier waren, spielen keine eigene Musik mehr über ihre Boxen ab.» Die laute Musik und das Geschrei sei unangenehm gewesen.
Auch die Leiterin des Restaurants Tibits, Jacqueline Bräuer, sagt, die Situation habe sich entspannt. Die Jugendlichen seien weniger dort, «der harte Kern sitzt aber immer noch in unseren Blumentöpfen». Sie sieht viel Potential im Experiment, die Mission sei aber noch nicht erfüllt.
Einige Passanten deuten aber an, dass die Musik kontraproduktiv sein könnte: Sie sei angenehm und beruhigend – und animiere sogar eher zum Bleiben.